Vor einem Jahr ist das Honoraranlageberatungsgesetz Kraft getreten. Es sollte die Finanzberatung gegen Honorar als Alternative zum verbreiteten Provisionsmodell stärken. Doch das Interesse der Verbraucher hält sich in Grenzen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Mehr Klarheit für Verbraucher“ – Unter diesem Titel wirbt das Bundesjustizministerium auf seiner Website für das Honoraranlageberatungsgesetz, das vor einem Jahr in Kraft trat. Es sollte die Finanzberatung gegen Honorar als Alternative zum verbreiteten Provisionsmodell stärken. Doch das Interesse der Verbraucher hält sich in Grenzen: Nur jeder fünfte Deutsche sei bereit, für Finanzberatung ein Honorar auf den Tisch zu legen, ergab Ende 2014 eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Servicerating. Zwar kostet auch die Provisionsberatung Geld, wird doch ein Teil der Anlagesumme für die Vermittlerleistung abgezweigt. Doch Stundenhonorare werden eben auch dann fällig, wenn gar kein Vertragsabschluss zustande kommt – was offenbar viele Menschen abschreckt.

 

Anders als in Großbritannien oder in den Niederlanden hat der deutsche Gesetzgeber deshalb auf ein Provisionsverbot verzichtet. Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA will die Vereinnahmung von Provisionen durch Bankberater und andere Finanzvermittler aber stark einschränken: Sie soll nur noch erlaubt sein, wenn die Provisionseinnahmen nachweislich zur Verbesserung der Beratungsqualität eingesetzt werden.

Nur zwei Banken in Deutschland bieten die Alternative an

Über die genaue Definition dieser Ausnahmeklausel wird seit Monaten gerungen. „Nach den ursprünglichen Vorstellungen der ESMA wäre eine flächendeckende Beratung in allen Bankfilialen nur schwer möglich gewesen“, sagt Herbert Jütten, Leiter des Geschäftsbereichs Finanzmärkte des Bundesverbandes der Banken (BdB). „Inzwischen sind wir zuversichtlich, dass auch in Zukunft sowohl Provisions- als auch Honorarberatung angeboten werden kann. Es wird aber Verschiebungen im Kostengefüge geben – dadurch könnte die Honorarberatung für einige Banken durchaus interessanter werden“, so Jütten.

Bislang wird diese Form der Beratung in Deutschland nur von zwei Banken angeboten: er Consorsbank und der Quirin Bank. Neben diesen beiden Kreditinstituten haben sich 15 kleinere Finanzdienstleister bei der Aufsichtsbehörde Bafin als Honoraranlageberater registrieren lassen. Daneben gibt es allerdings eine größere Zahl freier Finanzanlagenvermittler, die gegen Honorar beraten. Sie werden von der Gewerbeaufsicht überwacht und dürfen anders als die Anbieter mit Bafin-Lizenz keine Aktien oder Zertifikate vermitteln, wohl aber Fondsanteile, Genussrechte und Unternehmensbeteiligungen.

Versicherungen sind nur auf Provisionsbasis verfügbar

Zwar sind bundesweit erst hundert „Honorar-Finanzanlagenberater“ bei den Gewerbeämtern gemeldet. Es gibt aber weitaus mehr freie Vermittler, die eine Beratung gegen Honorar anbieten. Viele wollen ihren Kunden bei der Finanzierungsform die Wahl lassen, beraten also weiterhin auch gegen Provision und können daher den offiziellen Titel des Honorar-Finanzanlagenberaters nicht annehmen. Allerdings dürfen sie sich sehr wohl „Honorarberater“ nennen – dieser Titel ist nämlich nicht geschützt, was die Verwirrung komplett macht.

Ein weiteres Problem: Versicherungen sind bislang nur auf Provisionsbasis verfügbar. Die Vermittler dürfen die Vergütung auch nicht an den Kunden zurückzahlen, das untersagt ein Provisionsabgabeverbot aus den dreißiger Jahren – auch wenn Verstöße von der Bafin seit einigen Jahren nicht mehr geahndet werden.

Dass durchaus eine gewisse Nachfrage nach Honorarberatung besteht, zeigen die Zahlen der Quirin Bank. Im vergangenen Jahr flossen dem Institut netto 151 Millionen Euro zu, 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit rund 9300 Kunden erreicht die Bank allerdings nur eine sehr kleine Zielgruppe. Die Consorsbank betreut 2900 Kunden auf Honorarbasis, bietet alternativ aber auch provisionsfinanzierte Beratungsgespräche an.

Es gibt verschiedene Finanzierungsmodelle

Provisionsberatung: Hier behält der Vermittler von Finanzprodukten einen Teil der Summe ein, die der Kunde anlegen will. Dadurch entsteht ein Interessenkonflikt: Die Empfehlung von Anlageformen mit hohen Provisionen ist für den Vermittler besonders attraktiv – auch wenn sie für den Kunden nicht immer die beste Wahl sein müssen. Um Verbraucher davor zu schützen, müssen die Vermittlerprovisionen seit einigen Jahren offengelegt werden. Das gilt aber nicht für Versicherungen.

Stundenhonorare: Die Stundensätze von Honorarberatern beginnen in der Regel bei 130 Euro aufwärts. Sie werden auch dann fällig, wenn der Kunde letztlich gar kein Geld anlegt. Der Vorteil für den Kunden ist hier, dass er nicht befürchten muss, dass ihm etwas aufgeschwatzt wird, was er gar nicht braucht. Niedriger sind in der Regel die Stundensätze für eine Beratung bei den Verbraucherzentralen. Die Vereine dürfen allerdings keine konkreten Produkte empfehlen.

Kompromiss: Anstelle des Stundenhonorars können auch Honorarberater einen Prozentsatz der Anlagesumme für ihre Dienste berechnen – vorausgesetzt, seine Höhe ist von den gewählten Produkten unabhängig. Diese Option lohnt sich für die Berater erst bei größeren Anlagesummen. Dieses Finanzierungsmodell wird mittlerweile auch von einigen Online-Anbietern eingesetzt, die eine Beratung über Fragebogen und Telefon leisten. Hier können auch kleinere Beträge angelegt werden.