Nach 14 Jahren wechselt der Kämmerer zum Land. Den Nachfolger wird die CDU stellen. Michael Föll erklärt, warum es ihn ins Ministerium zieht.

Stuttgart - Der am Mittwoch verkündete Wechsel von Stuttgarts Finanz- und erstem Bürgermeister Michael Föll (CDU) ins Ministerium für Kultus und Sport wird voraussichtlich im Februar 2019 vollzogen. Die öffentliche Ausschreibung des Rathauspostens soll spätestens zwei Monate vorher erfolgen. Die Union hat das Vorschlagsrecht für diese Ämter, das laut den Sprechern der übrigen Fraktionen auch anerkannt werde. Als aussichtsreichster Kandidat für Fölls Nachfolge gilt der Chef der CDU-Gemeinderatsfraktion, Alexander Kotz (48). Er könne sich den Wechsel auf die Bürgermeisterbank durchaus vorstellen, sagte Kotz unserer Zeitung. Er war am Mittwoch mit OB Fritz Kuhn (Grüne) über den Wechsel von Föll informiert worden. Kotz attestierte Föll, „einen Topjob“ gemacht zu haben. Für die Stadt sei das ein enormer Verlust, für die Verwaltung eine starke Zäsur.

 

Föll wäre Personalchef und würde die Ministerin vertreten

Der Kreishandwerksmeister ist aber – neben den beiden Bundestagsabgeordneten Karin Maag und Stefan Kaufmann – auch ein möglicher CDU-Kandidat für die OB-Wahl 2020. Er steht jetzt vor der Frage, ob er in seinem 80 Jahre alten Handwerksbetrieb mit 20 Mitarbeitern entbehrlich wäre. Falls er die Frage mit ja beantwortet, – Kotz will übers Wochenende Familienrat halten – müsste sich die Fraktion einen Vorsitzenden suchen und einen Spitzenkandidaten für die Kommunalwahl im Mai 2019. Wenn nicht, müsse man den „Kämmerer einer mittelgroßen Stadt“ für die Aufgabe gewinnen, sagt Kotz. Dass er in große Fußstapfen treten würde, ist ihm bewusst. Die Detailkenntnis des Kämmerers sei einmalig. „Ich würde aber kein Föll 2.0 sein wollen, sondern vieles anders machen“, so wie er sich auch als Fraktionschef von seinen Vorgängern unterscheide.

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CD), bis 2016 Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport im Stuttgarter Rathaus, erklärte, sie sei vor einigen Wochen auf ihren Freund aus Junge-Union- und Rathauszeiten zugegangen, um ihn für ihre Stellvertretung in der Funktion eines Amtsleiters als Ministerialdirektor zu gewinnen. Ihr Haus mit einem Etat von 11,6 Milliarden Euro, 3000 Mitarbeitern und 117 000 Lehrern stehe vor großen Neuordnungen. Föll sei der Richtige an der Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung, das stelle er seit 2004 im Rathaus unter Beweis. Er wäre Personalchef, würde den Etat verwalten und die Ministerin im Kabinett vertreten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe bereits grünes Licht gegeben. Gedankenspiele, in denen sie im Falle eines Wahlerfolgs der Union 2021 Regierungschefin und Föll in Schlepptau nehmen würde, kommentierte Eisenmann nicht.

Vage Überlegungen für Tätigkeiten in freier Wirtschaft

Föll sagte, er habe sich im vergangenen Sommer entschieden, nach so vielen Jahren an der Spitze des Finanzreferats nicht für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. „Auch meine Uhr tickt“, sagt der 53-Jährige. Es sei eine „höchstpersönliche Entscheidung“ gewesen. Er kündige nicht aus Verärgerung und sei auch nicht des Oberbürgermeisters überdrüssig. Es habe vage Überlegungen für Tätigkeiten in der freien Wirtschaft gegeben, das Angebot Eisenmanns sei dazwischen gekommen. Es sei reizvoll wie herausfordernd.

OB Kuhn (Grüne) bedauert die Entscheidung. Er habe „sehr gut und vertrauensvoll“ mit Föll zusammengearbeitet. Er würdigt den Kenntnisreichtum, das politische Gespür und das strategisches Geschick Fölls. Verdienstvoll sei, dass die Stadt im Kernhaushalt nun schuldenfrei ist. Föll habe die Weichen für die Neuausrichtung des Klinikums gestellt. Für Grünen-Fraktionschef Andreas Winter hinterlässt Föll eine Lücke. Man habe mit ihm konstruktiv zusammengearbeitet. Winter würdigte vor allem die „klare Haltung“ Fölls bei der Unterbringung von Flüchtlingen. SPD-Fraktionschef Martin Körner zollt dem Finanzbürgermeister Respekt. Gleichzeitig verbindet er mit dessen Abgang die Hoffnung, dass der Wohnungsbau mehr Fahrt aufnehme und die Bodenvorratspolitik intensiviert wird. Körner hofft auf einen Paradigmenwechsel in der Personalpolitik. Die Stadt brauche qualifizierte Mitarbeiter, die Zeit der Stellenkürzungen müsse vorbei sein. Ins selbe Horn bläst die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus. Sie fordert ein eigenes Referat für Boden, Wohnen und Mieterschutz und das Vorschlagsrecht dafür. Fölls Nachfolger solle für Finanzen und Klinikum zuständig sein.