Die Große Kreisstadt hat 2023 wohl so hohe Gewerbesteuereinnahmen wie nie zuvor. Sie rechnet mit 62 Millionen Euro. Die Freude darüber ist aber begrenzt.

Der letzte Dienstag vor der Weihnachtspause ist in Ditzingen traditionell ein Tag der Sprichworte. In der letzten Gemeinderatssitzung im alten Jahr haben die Fraktionen das Wort, um sich insbesondere zur Finanzsituation der Stadt zu äußern. Ihren Haushaltsreden stellen die Fraktionssprecher dabei häufig ein Zitat voran.

 

Die Segel anders setzen

In diesem Jahr etwa zitierte der CDU-Rat Fritz Hämmerle den Philosophen Aristoteles, dem die Worte zugeschrieben werden, dass man zwar den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen könne. Die SPD-Fraktionschefin Sabine Roth hingegen führte den französischen Schriftsteller Jean-Paul Sartre an. „Vielleicht gibt es schönere Zeiten. Aber diese ist die unsere.“ Optimistisch, gleichwohl zurückhaltend – dergestalt hatten sich alle Fraktionen anlässlich der Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr geäußert.

Das mehrere hundert Seiten starke Zahlenwerk ist die Basis für Projekte und Planungen im kommenden Jahr. Rund 32 Millionen Euro will die Kommune investieren. Auf der Agenda steht vor allem die Fortführung der bereits begonnenen Großprojekte, wie etwa der Bau der zentralen Grundschule in der Kernstadt, die Umgestaltung des Bahnhofareals und die Ausweisung von Baugebieten in allen Teilorten, auch um damit bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Große Investitionen, keine neuen Kredite

Kredite nimmt die Stadt keine auf, trotz der hohen Investitionen. Dass die Vorhaben in ihrer Vielzahl ambitioniert seien – allen voran die parallele Entwicklung mehrerer Baugebiete in der Gesamtstadt – hatte der Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) während der Beratungen in den vergangenen Wochen nicht in Abrede gestellt. Ambitioniert, aber machbar nannte er das Programm – vorausgesetzt, es kämen keine neuen, großen, Personal ebenso wie Zeit bindenden Aufgaben hinzu.

Vor allem die Freien Wähler äußerten sich am Dienstag skeptisch: „Wie mehrfach von unserer Fraktion reklamiert, kann 2022 ein erheblicher Teil der geplanten Investitionen nicht umgesetzt werden“, bilanzierte Fraktionschef Manfred Grossmann. Auch das für 2023 „geplante Investitionsvolumen von 32,6 Millionen Euro werden wir unseres Erachtens nicht umsetzen können“.

Personalmangel bremst Investitionen aus

Die hohe Auslastung externer Fachbüros sowie lange Lieferzeiten seien das eine. Aber „der bedeutsamere Grund ist der Fachkräftemangel in der Verwaltung“. Man könne noch so mutig planen, „wenn die Verwaltung nur 50 Prozent davon aus personellen Kapazitätsgründen umsetzen kann“, merkte auch CDU-Rat Fritz Hämmerle kritisch an.

In der Stadtverwaltung sind nach eigenen Angaben allein im Bereich Bauen und Gebäudemanagement fünf Stellen unbesetzt – zwei Abteilungsleiter und drei Sachbearbeiter fehlen. Eine sechste Stelle habe just dieser Tage besetzt werden können, sagt der Rathaussprecher Jens Schmukal. Vor allem Ingenieure seien schwierig zu finden. Die Kommunen konkurrieren in diesem Bereich mit der freien Wirtschaft, wo sich der Fachkräftemangel ebenfalls bemerkbar macht.