Die finanzielle Lage von Korntal-Münchingen verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Die Gemeinderäte überlegen deshalb fieberhaft, wie sich mehr Geld in die Stadtkasse spülen lässt – und kritisieren dabei auch so manches Mal die Stadtverwaltung.

Der Haushalt ist verabschiedet, die Sorgen bleiben. Denn nur auf den ersten Blick scheinen die Zeiten in der Stadt rosig, zumindest die Finanzlage. Sagt etwa Andrea Küchle von der FDP. Zwar „haben wir doch genügend liquide Mittel, aber der Ausblick ist düster“. Das strukturelle Defizit – jährlich bis zu drei Millionen Euro – sei verfestigt, mittelfristig mit einer Verschuldung „fest“ zu rechnen. Eine ungünstige Situation also angesichts eines „Sanierungsstaus bei unseren Liegenschaften und noch vieler Aufgaben und Investitionen“.

 

Klar ist für Andrea Küchle: „Wenn uns das Sparen oder Wenigerausgeben schwerfällt, müssen die Einnahmen nach oben.“ Unter anderem hat sie die Verwaltungsgebühren im Visier. Die meisten seien noch aus dem Jahr 2009, nicht kostendeckend – und müssten neu berechnet werden. Sprich: Sie werden danach wohl steigen. Auch die Mieten und Pachten ihrer Liegenschaften soll die Stadt aus Sicht der FDP – und ebenso der Freien Wähler – überprüfen.

Heiße Diskussion über den regionalen Gewerbeschwerpunkt

Gleichwohl, Andrea Küchle weiß: „Der größere Anteil an den Einnahmen sind die Gewerbesteuereinnahmen.“ Ohne „relevant steigende Einnahmen“ müssten allerdings „bittere Einschnitte“ gemacht werden. Daher begrüße die FDP die Planungen zum regionalen Gewerbeschwerpunkt (RGS).

Höhere Gewerbesteuereinnahmen sind für die SPD gar das „Zauberwort“ für einen belastbaren Haushalt. „Die Entscheidung für oder gegen den RGS wird für den Gemeinderat eine der schwierigsten in den kommenden Monaten“, stellt Renate Haffner fest. Sie sagt aber auch: „Angesichts fehlender größerer Flächen im innerstädtischen Bereich werden es immer landwirtschaftliche Flächen sein, auf denen wir Gewerbe ansiedeln können.“ Bei „dieser Weichenstellung für die Zukunft“ sei es dringend erforderlich, dass die Bevölkerung unterstützt und mitwirkt.

CDU: Sparwille ist zu gering

Oliver Nauth, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, geht einen Schritt weiter: Er bringt einen Bürgerentscheid ins Spiel. „Die gewaltigen Dimensionen bedürfen einer besonderen demokratischen Legitimation“, findet Oliver Nauth. „Alles auf eine Karte, die Aufsiedlung des RGS, zu setzen ist nicht ratsam und nicht ausreichend.“ Parallel müsse die Stadt in die Zukunft ihrer bestehenden Gewerbegebiete investieren. Mit dem Stadtentwicklungskonzept erhalte sie „tragfähige Grundlagen für eine Gestaltung der künftigen Wohnungsbaupolitik“. Bis dahin verbiete sich ein zu ambitioniertes Vorgehen.

Mit Blick auf den Haushaltsplan kritisiert Oliver Nauth unter anderem fehlende Abschlüsse für die Jahre 2020 und 2021 – weshalb noch unklar sei, wie viel Geld in der Stadtkasse ist – und einen zu geringen Sparwillen. „Die Haushaltssituation wird auf absehbare Zeit prekär bleiben, der Haushalt ist zum Sanierungsfall geworden.“ Ein Symbol für den Abwärtstrend sei die erwartete Pro-Kopf-Verschuldung von rund 1000 Euro Ende des Jahres 2026. Umso wichtiger sei es nun, die Bugwelle bei den Investitionsplanungen auf Notwendiges, Finanzierbares und Leistbares zu reduzieren, noch konsequenter bei der Konsolidierung zu sein – und „schmerzliche Einschnitte“ in Kauf zu nehmen.

Freie Wähler: ortsansässige Betriebe stärken

Aus den Reihen der Freien Wähler ist zu hören: Das „uneinheitliche Bild“ in der Bevölkerung zum RGS spiegele sich auch in der Fraktion wider, sagt die Vorsitzende Marianne Neuffer. Da die Stadt bei zunehmend schmalem Geldbeutel dieses Jahr fast neun Millionen Euro für Bauprojekte ausgibt, fragen sich ebenfalls die Freien Wähler, wie sich die Finanzen nachhaltig stabilisieren lassen. „Unser Augenmerk muss darüber hinaus auf den schon vorhandenen Gebieten liegen“, betont auch Marianne Neuffer: Ortsansässige Betriebe würden Erweiterungsmöglichkeiten suchen und an anderer Stelle bei Leerständen auf Potenzial hinweisen. „Unsere örtlichen Betriebe sichern uns ein solides Einkommen“, seien „ein wichtiger Pfeiler zur Stärkung unserer Finanzen“. Gute Rahmenbedingungen seien unerlässlich.

Einnahmen durch mehr Gewerbe und höhere Steuern sind laut Neuffer nur zwei Mittel, um die Finanzkraft einer Kommune zu stärken. „Auf der anderen Seite steht: Ausgaben reduzieren.“ Doch trotz „stetiger intensiver Bemühungen um Einsparungen“ seien die Erfolge gering. Das würden Großprojekte wie die Kita in Korntal-West zeigen, das Projekt barrierefreier Zugang zum Sportplatz Korntal oder die Umgestaltung am Bahnhof. „Dringenden Handlungsbedarf“ sieht die Fraktion bei den „teils mindergenutzten Immobilien“ der Stadt: Weitere Geschäfte und Wohnungen auf momentan nicht optimal genutzten Flächen zu errichten spüle auch Geld in die Stadtkasse.

Grüne: Vorerst Verzicht auf neue Mehrzweckhalle

Dass Gemeinderat wie Stadtverwaltung im Wesentlichen mit dem RGS beschäftigt seien, missfällt Harald Wagner, dem Chef der Grünen-Fraktion. „Dabei bleiben viele Zukunftsaufgaben im Klimaschutz liegen.“ Statt sich „jahrelang nach dem Strohhalm RGS zu strecken“, sollte gerade die Stadtverwaltung mehr Zeit und Engagement zum Beispiel darin investieren, das im Bestand schlummernde Potenzial an Gewerbeflächen zu heben. Überhaupt habe der Bürgermeister manches versprochen, was dann im Alltagsgeschäft liegen geblieben sei.

Er selbst, so Wagner, „wäre bereit, darüber zu diskutieren, ob wir auf den Neubau der Mehrzweckhalle in den nächsten Jahren verzichten“. Damit würde der Haushalt spürbar entlastet und die Fokussierung auf den RGS etwas schwächer. Für eine Baumschutzverordnung und einen Bürgerhaushalt machen sich die Grünen indes weiter stark.