Die SPD lässt nicht locker: Im Landtag gibt es keine Mehrheit für kostenfreie Kinderbetreuung, jetzt sollen die Bürger entscheiden. Der Plan hat auch seine Tücken.

Stuttgart - Die SPD in Baden-Württemberg bereitet ein landesweites Volksbegehren zur gebührenfreien Kinderbetreuung vor. SPD-Landeschef Andreas Stoch sagte unserer Redaktion, seine Partei sei mit diesem Vorschlag im Landtag am Widerstand der anderen Fraktionen gescheitert. Deshalb erhoffe sich die SPD „in einer Koalition mit den Bürgerinnen und Bürgern“ eine Mehrheit für die Gebührenfreiheit für Kinder von null bis sechs Jahren. „Unser Anspruch ist, dieses Land auch aus der Opposition heraus zu gestalten.“

 

Zur Begründung sagte Stoch: „Bildung soll gebührenfrei sein, ob in der Kita oder in der Schule, bei der Meisterausbildung oder beim Studium.“ Dies entlaste Familien. Zudem hänge es derzeit auch vom Wohnort ab, ob eine Familie mehrere hundert Euro für die Kita bezahlen müsse oder gar nichts. Auf dem Landesparteitag Ende November hatte erstmals das Projekt angedeutet, Anfang des neuen Jahres soll es an die Umsetzung gehen. Allerdings ist die Sache ambitioniert. Zunächst müssen 10 000 Unterschriften beigebracht werden, um beim Innenministerium die Zulassung des Volksbegehrens zu bewirken. Das dürfte der SPD mit ihren 36 000 Mitgliedern möglich sein. Bei dem folgenden Volksbegehren benötigt die SPD dann aber die Unterstützung eines Zehntels der etwa 7,7 Millionen Wahlberechtigten im Land. Gelingt auch dies, bedarf es bei der Volksabstimmung einer Mehrheit, die zugleich mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten im Land abdeckt. Das sind etwa 1,5 Millionen Stimmen. Bei einer Verfassungsänderung wäre sogar das Plazet über der Hälfte der Wahlberechtigten erforderlich.

Jetzt sucht die SPD Verbündete

Die SPD sucht jetzt nach Verbündeten. Kultusministerin Susanne Eisenmann gehört nicht dazu. Die CDU-Politikerin sagt: „Qualität hat Vorrang vor Gebührenfreiheit.“ Jeder Cent, der in die Beitragsfreiheit von Kindergärten und Kitas gesteckt werden, fehle bei den Fachkräften, bei der Sprachförderung „und überall dort, wo wir das Geld dringend benötigen“. Eisenmann hält eine kostenlose Betreuung keineswegs für sozial gerecht, denn davon profitierten auch Besserverdienende. Roger Kehle, Präsident des Gemeindetags, sieht das ganz ähnlich. „Wir sollten nicht so tun, als ob der Staat unendlich belastbar sei.“

Die Elternbeiträge in Baden-Württemberg werden von den Kommunen festgesetzt. Vielfach sind sie sozial gestaffelt. Beitragsfreiheit gewähren Heilbronn (von drei bis sechs) und Künzelsau (von einem Jahr an bis Schuleintritt). Die Situation in den Bundesländern ist unterschiedlich. Komplett beitragsfrei ist Berlin. Weitgehende Regelungen zur Gebührenfreiheit gibt es etwa in Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. In Baden-Württemberg geht es um mehr als eine halbe Milliarde Euro, die nach dem Plan der SPD vom Land jährlich zu übernehmen wären, der Städtetag kommt sogar auf 730 Millionen Euro.

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