Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) steht in der Kritik. Er soll Gelder des Bundes für den Straßenbau ausgeschlagen haben. Er weist das zurück und greift seinerseits die Vergabepraxis in Berlin an.

Stuttgart - Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat scharfe Kritik an der Finanzierung des Straßenbaus durch den Bund geübt. „Die Strukturen zwischen Land und Bund stimmen nicht, das System ist nicht annähernd zeitgemäß“, sagte er am Freitag bei der Vorstellung der Bau- und Sanierungspläne für das Jahr 2014. Mittel für Bauvorhaben müssten rechtzeitig freigegeben werden, eine verlässliche Finanzierung sei dringend nötig. In den vergangenen Tagen war aus der CDU Kritik an Hermanns Ministerium laut geworden. Dieses hätte im vergangenen Jahr Bundesmittel nicht abgerufen und dadurch einen Schaden von mindestens 100 Millionen Euro verursacht, hieß es.

 

„Wir haben keine Gelder verschmäht“, sagt Hermann. 830 Millionen Euro hatte der Bund Baden-Württemberg im vergangenen Jahr für Neubauten und Sanierungen von Autobahnen und Bundesstraßen zur Verfügung gestellt. „Aber wir haben viele Großbaustellen, bei denen man nicht so exakt planen kann“, erklärt Hermann. Beispielsweise sei bei einem bereits abgeschlossenen Tunnelbau die Nachtragsforderung strittig gewesen. Am Jahresende blieben deshalb 15 Millionen Euro des Budgets übrig.

Zurück an den Bund

Das Geld floss gemeinsam mit den nicht abgerufenen Mitteln aus anderen Bundesländern zurück zum Bund, der diese immer im Herbst allen Bundesländern in einer neuen Beantragungsrunde für zusätzliche Neubauten anbietet. Das Verkehrsministerium hatte im vergangenen Jahr erstmals keine solchen Mittel ab- und damit Kritik der Opposition hervorgerufen. „Peinlich und unschön“ nannte auch der Verkehrsexperte der SPD-Fraktion, Hans-Martin Haller, das Vorgehen.

Hermann ist kein Freund der sogenannten Ausgleichsmittel. Ihre Höhe schwankte in der Vergangenheit zwischen null und 80 Millionen, was eine Planung schwierig macht. Trotzdem hat Baden-Württemberg 2011 und 2012 rund 70 Millionen Euro aus den Ausgleichsmitteln erhalten. Weil das vom Bund bereitgestellte Budget 2013 aber deutlich gestiegen sei, sei im vergangenen Jahr auch ohne die zusätzlichen Mittel ähnlich viel Geld in Bundesstraßen und Autobahnen investiert worden wie in den Vorjahren, sagt Hermann. Weitere Projekte hätten die Straßenbauverwaltungen nicht stemmen können. Zu dünn sei die Personaldecke nach mehreren Kürzungen der Vorgängerregierung, sagt der Minister.

Der Bund lehnt ab

Kurzfristig versuchte das Verkehrsministerium im vergangenen Herbst durch zwei neue Baustellen doch noch an die Ausgleichsmittel zu kommen, die Anträge wurden jedoch vom Bund abgelehnt. Auch der Vorschlag, 45 Millionen Euro für die vorzeitige Rückzahlung von Schulden aus älteren Bauprojekten zurückzuzahlen, fand in Berlin keine Unterstützer. „Der Bund hat uns während des Jahres gefesselt, was die Genehmigungen angeht“, sagt Verkehrsminister Hermann. „Es ist dreist, uns jetzt in die Schuhe zu schieben, dass wir Gelder nicht abgerufen hätten.“

Schuld an den nicht abgerufenen Geldern dürfte auch ein Strategiewechsel des Verkehrsministeriums sein. „Frühere Landesregierungen haben die Kalkulationen über Jahre zu hoch angesetzt, um am Jahresende die Ausgleichsmittel nutzen zu können“, sagt Hermann. Fielen die Zahlungen des Bundes dann zu niedrig aus, wurden die Mittel aus den Geldern für die Sanierung von Bundesstraßen entnommen. Diese Praxis wurde unter der grün-roten Landesregierung verworfen. „Eines der wichtigsten Projekte unserer Politik ist die Wende hin zum Erhalt und der Sanierung von Straßen“, erklärt Hermann.

Drei Neubauten sollen 2014 trotzdem begonnen werden: Die B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen, die Westtangente Pforzheim der B 463 und die Ortsumgehung von Holzgerlingen. Zudem befinden sich weitere 15 neue Straßen aktuell im Bau.