Anschläge im Westen sind relativ billig – das ist die makabre Realität. Dennoch ist es eine zentrale Frage der Terrorbekämpfung, wie die Geldquellen ausgetrocknet werden können. Doch die Staaten stehen hier vor großen Herausforderungen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die verheerenden Anschläge in Paris haben 130 Todesopfer gefordert. Die langfristigen Folgen für das öffentliche Leben in der französischen Hauptstadt und für den Krieg in Syrien lassen sich noch nicht abschätzen. Doch so weitreichend die Konsequenzen auch sind – die Kosten für die Attacken auf das deutsch-französische Länderspiel im Stade de France und auf die Konzerthalle Bataclan waren wohl relativ niedrig. Ein Dutzend Kalaschnikows und Sprengstoffwesten, dazu mindestens zwei Mietwagen, die vor den Anschlägen von Belgien nach Frankreich gebracht wurden: Mehr als 20 000 Euro dürften die Täter nicht ausgegeben haben, sagt die Schweizer Professorin Sita Mazumder, die ein Buch zum Thema Terrorfinanzierung veröffentlicht hat.

 

Auch wenn sich der Islamische Staat (IS) zu den Anschlägen bekannt hat – die Finanzierung können die Attentäter von Paris auch ohne Unterstützung der Terrororganisation auf die Beine gestellt haben. Dass die Mittel für solche Taten leicht zu beschaffen seien, habe sich bereits Anfang des Jahres bei dem tödlichen Angriff auf die Redakteure der Satirezeitschrift „Charlie    Hebdo“ gezeigt, schrieb der US-Experte Matthew Levitt in der Zeitung „The Hill“. Das Blutbad in der Redaktion und die Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt seien zumindest teilweise mit einem simplen Kredit finanziert worden, den der Geiselnehmer Amedy Coulibaly aufgenommen habe.

Die jüngsten Anschläge hätten gezeigt, dass kleine Gruppen „mit relativ wenig Geld einen großen Schaden“ anrichten könnten, sagten auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein französischer Amtskollege Michel Sapin letzten Mittwoch bei einem Treffen in Berlin. Gleichwohl bekräftigten die beiden Minister ihre Entschlossenheit, die Geldquellen der Terroristen auszutrocknen.

Ein Kampf an vielen Fronten

Das wird ein langwieriger Kampf an vielen Fronten. Zwar haben die Vereinten Nationen (UN) und die EU schon im Gefolge der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA Listen mit Terrorverdächtigen aufgestellt, deren Bankkonten und sonstigen Vermögenswerte eingefroren werden sollen, doch gegen den Transfer von Bargeld und anonyme Zahlungsströme über das Internet kommen die Behörden kaum an. So sollen die Kouachi-Brüder, die zu Jahresbeginn das Massaker bei „Charlie Hebdo“ anrichteten, gleich bei ihrer Rückkehr aus einem Trainingscamp im Jemen 2011 rund 20 000 Dollar in bar von der Terrorgruppe Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel mitgebracht haben.

Umgekehrt seien an westlichen Flughäfen wiederholt Bargeldkuriere festgenommen worden, die Spendengelder zu militanten Organisationen wie der Hisbollah im Libanon bringen wollten, heißt es in einem Bericht der Polizeibehörde Europol. Auch in Deutschland gibt es laut Bundeskriminalamt Hinweise darauf, „dass insbesondere im Bereich der salafistisch geprägten Szene Spendenaufrufe unter dem Deckmantel von eigens hierfür gegründeten Hilfsorganisationen getätigt werden“. Die dabei zusammengetragenen Gelder und Sachleistungen könnten „durchaus an eine terroristische Organisation gelangen“.

Bargeld und Bitcoins sind Mittel der Wahl

Während Bargeld laut Europol für Kriminelle wie auch Terroristen nach wie vor das Mittel der Wahl ist, gewinnen auch virtuelle Währungen wie Bitcoin an Bedeutung. Hier sind anonyme Transaktionen durch die Übermittlung von Codes und komplexe Rechenaufgaben am Computer möglich. „Obwohl es bislang keine einheitliche Währung für Cyberkriminelle in der EU gibt, scheint es, als könnten Bitcoins diese Rolle übernehmen“, schreiben die Cyberkriminalitäts-Experten von Europol in einem aktuellen Bericht. Eine Fachabteilung des Bundeskriminalamts, die „Financial Intelligence Unit“, verzeichnete in ihrem Jahresbericht 2014 zu Geldwäsche und Terrorfinanzierung 124 Verdachtsmeldungen, die sich auf elektronische Zahlungssysteme bezogen. „Hier müssen wir im Wettlauf mit den Terroristen in der technologischen Innovation Schritt halten, was eine große Herausforderung sein wird“, sagte kürzlich Bundesfinanzminister Schäuble am Rande des G-20-Gipfels in Antalya.

Schwer tut sich die internationale Gemeinschaft bislang auch damit, die Finanzierung des Islamischen Staates in Syrien und im Irak selbst zu unterbinden. Dieser sei nämlich in der Lage, „den Großteil seiner Finanzen aus der Region zu generieren“, heißt es beim BKA. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Verkauf von Öl. Doch wie dagegen vorzugehen ist, ist in der internationalen Antiterror-Koalition heftig umstritten. So ließ die russische Regierung letzte Woche einen Konvoi bombardieren, mit dem der IS nach ihrer Darstellung Öl in die Türkei transportieren wollte. Die USA werfen hingegen dem vom Russland unterstützten syrischen Präsidenten Baschar al-Assad vor, dem IS Öl abzukaufen. Daneben setzt die Terrororganisation auch auf Schutzgelderpressungen und Lösegelder.