Die Städte und Gemeinden im Kreis Esslingen stehen vor schwierigen Herausforderungen. In seinem Kommentar beschreibt Johannes M. Fischer, was das für die Bevölkerung bedeutet.
Esslingen, Kirchheim, überall: Die Städte und Gemeinden in Deutschland sehen schwarz, weil die Einnahmen drastisch sinken und die Kosten steigen. Die Folge: Da es nur wenig Möglichkeiten gibt, die Einnahmen zu steigern, gilt die Aufmerksamkeit der Kostenseite. Personal wird reduziert, Projekte verkleinert oder ganz aufgegeben. Die Welt im Großen verändert sich, aber es verändert sich auch die Welt im Kleinen – da wo der Einfluss auf das Gesamtgeschehen zwar gering ist, die Folgen aber spürbar werden.
„Wir erleben derzeit die größte je dagewesene Finanzkrise “, sagt Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader. „In bisher nicht gekanntem Ausmaß werden Arbeitsplätze abgebaut. Gibt es Gewinnwarnungen. Gehen Steuereinnahmen nach unten. Und zugleich haben wir steigende Kosten, teils massiv“, beschreibt Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer die Lage.
Kirchheim stoppt Projekte, Esslingen hält an Plänen fest
In Kirchheim bedeutet das unter anderem das Aus für ein Großprojekt: Neue Vorhaben – wie den Neubau des Hallenbades – könne man sich schlichtweg nicht mehr leisten, so Bader. In Esslingen hält man an den wichtigsten Bau- und Umbauprojekten fest: der Marktplatz, die Schelztorsporthalle, die Pliensaubrücke, die Bücherei, die Klinik. Und dennoch werden es die Bürgerinnen und Bürger auch in Esslingen spüren, dass sich etwas ändert.
Zum Beispiel im Rathaus selbst: Wenn in der Verwaltung in den kommenden Jahren rund 200 Stellen wegfallen, hat das Auswirkungen, denn diese Menschen wurden ja für einen bestimmten Zweck eingestellt und arbeiten. Diese Arbeiten können nicht allesamt mit dem Zauberwörtern Digitalsierung und Künstliche Intelligenz kompensiert werden, das funktioniert nur in beschönigenden Reden und naiven Vorstellungswelten. Vielleicht zwingt es diese und andere Verwaltungen dazu, die Arbeit besser zu organisieren, möglicherweise auch stärker den Fokus auf das Erreichen von klar definierten Arbeitszielen zu legen. Aber auch das wird den Trend nicht aufhalten, dass die Leistungen der öffentlichen Hand eher schwinden als zunehmen.
Esslingen: Trotziger Optimismus inmitten der Finanzkrise
Annehmlichkeiten werden also verschwinden, Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt werden. Dennoch darf man in Esslingen nicht vergessen, dass der Rückgang von Reichtum noch keine Armut bedeutet. Im Vergleich zu Gelsenkirchen, Bremerhaven oder Hoyerswerda leben Esslinger und Kirchheimer auf einer Insel der Glückseligen. Insofern ist der Versuch von Klopfer oder Finanzbürgermeister Ingo Rust, einen trotzigen Optimismus an den Tag zu legen, nachvollziehbar. Ob er angebracht ist, stellt sich erst später raus: wenn alles noch mal gut gegangen sein wird oder das Kind in den Brunnen gefallen ist.