Die neuen Hilfen reichen bestenfalls über den Sommer hinweg. Auf den Griechen kommen neue Opfer zu. Die Steuern müssen erhöht werden.  

Athen - Zunächst können die Griechen aufatmen: die Inspekteure der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) gaben grünes Licht für die Auszahlung der nächsten Kreditrate von zwölf Milliarden Euro. Das Geld stammt aus dem 110-Milliarden-Rettungspaket, das die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds (IWF) im Mai 2010 für Griechenland schnürten.

 

Die Tranche wird zwar nicht im Juni ausgezahlt wie ursprünglich erwartet, sondern erst Anfang Juli. Bis dahin soll die Athener Regierung ihr neues Sparpaket in trockene Tücher bringen. Das Geld kommt damit aber gerade noch rechtzeitig, um die Mitte Juli drohende Zahlungsunfähigkeit Griechenlands abzuwenden. Doch mit den zwölf Milliarden kommt Athen allenfalls über den Sommer.

Ein neues Hilfspaket muss geschnürt werden

Inzwischen ist klar: die bisher bereitgestellten 110 Milliarden, von denen bereits 53 Milliarden nach Athen überwiesen wurden, reichen nicht. Da Griechenland sich wohl frühestens 2014 wieder mit Bond-Emissionen am Kapitalmarkt Geld besorgen kann, muss ein neues Hilfspaket geschnürt werden. Die Höhe des Betrages steht noch nicht fest. Doch die Rede ist von 65 Milliarden Euro. Das entspräche dem Refinanzierungsbedarf der Jahre 2012 und 2013. Im Jahr 2014 werden aber Staatsanleihen von weiteren 44 Milliarden fällig. Kann Griechenland auch dann noch nicht an den Kapitalmarkt zurück, wäre man bereits bei einem Kreditbedarf von 109 Milliarden. Offen ist, ob und in welcher Form private Investoren, also die Banken, einen Beitrag zu dem neuen Hilfspaket leisten sollen. Vor allem Berlin besteht darauf. Möglich wäre das durch eine freiwillige Laufzeitverlängerung ausstehender Griechenland-Bonds um mehrere Jahre.

Sicher ist bis jetzt nur eins: für neue Hilfen muss Athen strikte Auflagen erfüllen. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou will das neue Sparpaket dem Kabinett vorlegen. Bereits in diesem Jahr muss er den Haushalt um 6,4 Milliarden Euro entlasten. Dazu beitragen soll eine Kürzung des Grundfreibetrags in der Einkommensteuer, Sonderabgaben auf Erfrischungsgetränke, neue Steuern auf Luxusautos und Immobilien, höhere Tabak-, Kfz- und Heizölsteuern. Auf der Ausgabenseite plant der Minister einen weitgehenden Einstellungs- und Beförderungsstopp im Staatsdienst sowie eine Solidaritätsabgabe auf Renten über 1700 Euro und weitere Kürzungen bei den Zulagen der Staatsdiener. Auch Entlassungen im öffentlichen Dienst sind kein Tabu mehr.

Dies ist ein heikles Thema, denn schon jetzt liegt die Arbeitslosenquote in Griechenland bei knapp 16 Prozent. Für viele Griechen ist die Schmerzgrenze überschritten. Das zeigen die Protestkundgebungen, zu denen sich allabendlich Zehntausende in Athen und anderen Städten versammeln. In den letzten Tagen wurden die anfangs friedlichen Proteste zunehmend militanter. Und die neuen Sparmaßnahmen sind erst der Anfang. Denn bis 2015 muss der Finanzminister das Budget um weitere 22,5 Milliarden Euro entlasten. Das bedeutet zusätzliche Einschnitte. Eine Schlüsselrolle dürften dabei die Privatisierungen spielen: bis 2015 sollen Staatsunternehmen im Wert von 50 Milliarden Euro verkauft werden. Ministerpräsident Giorgos Papandreou will das neue Sparpaket noch vor dem nächsten Treffen der Eurofinanzminister am 20. Juni durchs Parlament bringen. Doch insbesondere die Privatisierungen stoßen in der sozialistischen Regierungsfraktion auf große Widerstände. Die Abstimmung über das Sparpaket dürfte deshalb für Papandreou zur schwierigsten politischen Kraftprobe seit seinem Amtsantritt vor 19 Monaten werden.