Das kleine Zypern hält den Atem an. Alle auf der Insel wissen: In den kommenden Stunden wird das Schicksal der Mittelmeerinsel in Brüssel entschieden. Präsident Anastasiades ist bereits auf dem Weg dorthin.

Nikosia - Die Bemühungen um eine Rettung Zyperns vor dem Staatsbankrott laufen unter wachsendem Zeitdruck auf Hochtouren. Der zyprische Staatspräsident Nikos Anastasiades flog am Sonntagmorgen nach Brüssel, teilte der zyprische Regierungssprecher Christos Stylianides mit. „Die Gespräche befinden sich in einer heiklen Phase. Die Situation ist sehr schwierig“, erklärte der Regierungssprecher weiter. Anastasiades wird von Finanzminister Michalis Sarris und der Führung der Zentralbank Zyperns begleitet, berichtete das Staatsradio (RIK).

 

Zypern hat nur noch 24 Stunden Zeit. Sollte es keine Einigung bei einer Sondersitzung der Eurogruppe am Sonntagabend in Brüssel geben, an der auch Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) teilnehmen werden, will die Europäische Zentralbank (EZB) kein Geld mehr nach Zypern schicken. Dann würde die Wirtschaft binnen Stunden zusammenbrechen. „Drama mit ungewissem Ende“, titelte die zyprische Zeitung „Kathimerini.“ Zypern hofft auf Nothilfen der internationalen Geldgeber in Höhe von zehn Milliarden Euro.

Durchverhandelter Samstag

Das Tauziehen um die Rettung des Euro-Landes dauerte den ganzen Samstag an: In den Gesprächen mit der sogenannten Troika aus EU, EZB und IWF gab es immer wieder Komplikationen. Zypern muss für das Rettungspaket einen Eigenanteil von 5,8 Milliarden Euro aufbringen. Im Mittelpunkt der Troika-Gespräche stand die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen bei der Cyprus Bank, dem größten zyprischen Geldinstitut. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben. Zur geplanten Höhe der Abgabe machten in Nikosia immer wieder neue Gerüchte die Runde.

Die Zeitung „Kathimerini“ berichtete, die Abgabe auf Einlagen bei der Cyprus Bank werde zwischen 18 und 22 Prozent betragen. Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf Guthaben über 100 000 Euro kommen. Schuld an den Schwierigkeiten bei den Gesprächen mit der Troika trage der Internationale Währungsfonds, berichteten die zyprische Nachrichtenagentur CNA und der Staatsrundfunk unter Berufung auf Regierungskreise am Samstagabend. Die IWF-Vertreterin stelle „immer wieder neue Forderungen“, hieß es. Die Regierung wollte sich am Sonntag nicht dazu äußern.

Was das zyprische Parlament vorschlägt

Das Parlament in Nikosia hatte in der Nacht zum Samstag bereits einen Teil des Sparpakets verabschiedet. So wurden Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen. Zudem soll die zweitgrößte Bank, die Popular Bank, in eine gesunde und eine Bad Bank gespalten werden.

Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen. Derzeit gibt es auf der Insel Bargeld nur aus dem Bankautomaten.