Selten zuvor konnte ein Finanzminister so aus dem Vollen schöpfen: Mit einem Milliardenplus will Wolfgang Schäuble die zusätzlichen Milliarden für die Flüchtlingshilfe bezahlen.

Berlin - Erstmals seit Jahrzehnten kann sich der Bundesfinanzminister auf einen dicken Milliardenüberschuss freuen: Deutschlands Kassenwart Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet in diesem Jahr ein Haushaltsplus von mindestens fünf bis sechs Milliarden Euro. Weil der Bund Mobilfunklizenzen verkauft hat, die Steuereinnahmen sprudeln und die Zinsausgaben des Staates unter den Erwartungen bleiben, könnte der Überschuss am Jahresende sogar noch höher ausfallen. Doch bevor der Koalition so richtig bewusst wird, wie komfortabel die Finanzlage ist, sind die Mittel schon verplant: Schäuble will mit den Überschüssen das Milliardenpaket für Flüchtlinge finanzieren.

 

Wenn der Bundestag von diesem Dienstag an über den Bundeshaushalt 2016 diskutiert, stehen die zusätzlichen Ausgaben des Bundes für Asylbewerber im Vordergrund. Allein der Bund rechnet für 2016 mit Mehrausgaben von sechs Milliarden Euro. Das sind allerdings vorläufige Zahlen. Für dieses Jahr hat das Kabinett den Ländern und Kommunen bereits eine Milliarde Euro für Flüchtlingshilfe zugesagt. Schäuble Botschaft ist klar: Bleibt es bei dieser Kostenschätzung, können die finanziellen Herausforderung bewältigt werden.

Die Schwarze Null soll gehalten werden

Der Finanzminister will trotz der großen Aufgabe die Schwarze Null halten. Die exzellente Etatentwicklung in diesem Jahr hilft ihm dabei. Der Bund verkaufte in diesem Jahr weitere Mobilfunklizenzen, was ihm rund vier Milliarden Euro in die Kasse spülte. Weil der Konjunkturmotor nach wie vor läuft und die Kapitalmarktzinsen unter den Planungen des Finanzressorts liegen, ist der dicke Überschuss in diesem Jahr ein Selbstläufer. Nach dem Haushaltsgesetz müsste das Plus zur Schuldentilgung eingesetzt werden. Angesichts der Flüchtlingskrise will der Finanzminister den Überschuss aus diesem Jahr auf 2016 übertragen. Notwendig dazu ist ein Nachtragshaushalt. Offen ist noch, ob auch ein Sonderfonds eingerichtet wird. Das politische Signal der Koalition lautet: Mit dem Finanzpolster aus 2015 können im nächsten Jahr die Etatziele gehalten werden. Nach dem jetzigen Stand soll es auch 2016 bei der Schwarzen Null bleiben. Steuererhöhungen sind bisher nicht im Gespräch.

Bund-Länder-Gipfel am 24. September

Allerdings gibt es noch viele Unsicherheiten. Das betrifft die Zahl der Flüchtlinge und der Familiennachzüge. Offen ist auch, ob sich Länder und Kommunen mit dem Angebot der großen Koalition zufrieden geben. Mit Nachforderungen ist zu rechnen. Darüber soll auf einem Bund-Länder-Gipfel am 24. September gesprochen werden.

Die Erfahrung lehrt, dass sich der Staat in Notfällen immer als handlungsfähig erwies. Das zeigte sich beim Hochwasser 2013, als der Bund eine Fluthilfe von acht Milliarden Euro zur Verfügung stellte. Wenn die Konjunktur stabil bleibt, kann der Bund ähnliche Ausgaben schultern. Das setzt aber voraus, dass sich die Unsicherheit über die Weltkonjunktur wieder legt.