Noch nie starben so wenige im Luftverkehr wie 2012, haben Unfallanalysten errechnet. Sicherste Fluglinie ist demnach die Finnair; die Lufthansa erreicht im JACDEC-Ranking Platz elf.

Hannover - Einnickende Piloten, verdächtiger Ölgeruch in Flugzeugkabinen, Triebwerksprobleme und knapp betankte Flugzeuge bei Billig-Airlines: 2012 geizte nicht mit Negativ-Schlagzeilen für die Fliegerei. Dennoch gilt das zurückliegende Jahr nach Branchenangaben bereits als das sicherste in der Geschichte der Luftfahrt. Ein Trend, dem die Zivilluftfahrtorganisation IATA ebenso nachspürt wie andere Institutionen der Branche. Auch das deutsche Unfalluntersuchungsbüro JACDEC spricht von so wenig Unfallopfern wie nie zuvor.

 

Selbst wenn jeder einzelne Unfall eine Tragödie dastellt: Die Zahl der Toten im weltweiten Zivilluftverkehr lag mit 496 Menschen noch knapp unter der des bereits guten Vorjahres 2011 (498 Tote). Die Zahl der Totalverluste sank von 45 auf 44 Flugzeuge, namhafte Airlines sind vor allem auch dank hoher Sicherheitsstandards kaum betroffen.

„Wenn man bedenkt, dass aktuell rund 2,8 Milliarden Passagiere jährlich weltweit unterwegs sind und knapp 40 Millionen Flüge im Jahr stattfinden, kann man von einem wirklich exzellenten Jahr für die Flugsicherheit sprechen“, jubelt das Magazin „Aero International“ in seiner jüngsten Ausgabe nach einem Blick ins Archiv.

Demnach passierte im Jahr 2000 statistisch alle 13,5 Tage ein tödlicher Unfall im Personenverkehr. „Im Jahre 1990 lag dieser Wert kaum besser als bei 14 Tagen; heute beträgt dieser Zeitraum für das Jahr 2012 mehr als 28 Tage.“ Als riskant gelten Regionalflüge auf Strecken von weniger als 500 Kilometern - hier ereigneten sich 2012 wieder die schlimmsten Unfälle. Regionalflieger haben unter oft widrigeren Umständen mehr Starts und Landungen als Langstreckenflieger.

Finnair ist die sicherste Airline

Die Krone als sicherste Airline der Welt darf sich diesmal im JACDEC-Ranking die von Wetterrisiken aller Art arg gebeutelte Finnair aufsetzen. Ihr letzter Totalverlust eines Flugzeugs geht zurück in die 60er Jahre, die Analysten bescheinigen ihr eine „bemerkenswert geringe Zahl von Zwischenfällen“. Diese Zwischenfälle - sie müssen nicht unbedingt einen Unfall im klassischen Sinne darstellen - verhagelten der deutschen Air Berlin diesmal das Gesamtbild.

Wegen einer gefährlichen Begegnung mit einem Ultraleichtflugzeug, einem geplatzten Reifen und einem Triebwerksproblem landete die Fluggesellschaft nun auf Rang 23.

Selbst die Lufthansa ist wegen des von arabischen und asiatisch-pazifischen Gesellschaften dominierten engen Spitzenfeldes nur auf Rang elf zu finden, hinter British Airways. Die Briten sind mit der portugiesischen TAP die einzige europäische Gesellschaft unter den Top 10 der weltweit 60 sichersten Airlines.

Schlussfolgerungen aus solchen Statistiken sind jedoch stets mit Vorsicht zu genießen - selbst die Autoren der Liste geben zu, dass auch Air Berlin mit einem Platz auf Rang 23 als sicher anzusehen sei.

Regional sind nach Russland vor allem Konfliktländer in Afrika problematische Gebiete - der Kontinent bildet mit 214 Toten bei 16 zerstörten Flugzeugen das Schlusslicht. Dort wie auch in Pakistan betrafen die meisten Unfälle Hilfsflüge der UN, die oft auf lokal gecharterte Propellerflieger zurückgreift. Schlechte Wartung, betagtes Fluggerät und widrige Flug-Umstände bilden oft den Hintergrund für Unfälle in diesen Weltgegenden.

Obwohl es 2012 nach JACDEC-Angaben in Europas kommerzieller Zivilluftfahrt keinen einzigen Unfalltoten zu beklagen gab, warnen die Analysten vor Sorglosigkeit. Denn die mit Abstand häufigste Unfallursache war ein Überschießen von Start- und Landebahn. Abhilfe ist denkbar - etwa durch Auslaufflächen oder neuartige spezielle Betonbetten (EMAS genannt) hinter der Bahn, die das Flugzeug schnell abbremsen. Sie sind bisher aber nur an einigen Airports in den USA installiert: „Solange EMAS keine Vorschrift wird, verzichten die Flughäfen in Europa und in anderen Regionen darauf, wie man leider feststellen muss“, schreibt „Aero International“.

Vor einem weiteren Risiko warnte bereits eindringlich die deutsche Pilotenvereinigung Cockpit: geplante neue Flugdienstzeiten. Mehr als zehn Stunden lange Flugdienste in der Nacht seien eine Gefahr für die Flugsicherheit, meinten die Piloten-Vertreter. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit EASA sieht 14 Stunden als Höchstgrenze bei Kurzflügen und elf Stunden bei Nachtflügen vor. In den USA dagegen wurde die Grenze auf neun Stunden in der Nacht gesenkt. Immer wieder kommt es zu Problemen bei Flügen, weil Piloten Schlafmangel haben.