Bereits das erste Fintech Meetup in Stuttgart stieß im Januar 2016 auf reges Interesse. Zu einer weiteren Veranstaltung am Montagabend kamen zahlreiche Interessierte, um sich über neue Marktentwicklungen auszutauschen.

Stuttgart - Braun gebrannt und vom Urlaub sichtlich erholt begrüßte Johannes Ellenberg, Gründer und Geschäftsführer von Accelerate Stuttgart, am Montagabend die rund 40 Teilnehmer des Fintech Meetups in den Räumen der „Accelerate Stuttgart GmbH“ in der Rotebühlstraße. Der Ort, an dem sonst junge Unternehmen unter Anleitung und Unterstützung des „Beschleunigers“ ihre Geschäftsideen ausleben und auf den erfolgreichen Markteintritt vorbereitet werden, wurde für einen Abend zur Bühne für innovative Ideen aus der Praxis.

 

Die Veranstaltung zu Wochenbeginn widmete sich Fintechs, also jungen Unternehmen, die das Sparen und Bezahlen einfacher machen wollen. Obwohl der Börsenwert der erfolgreichsten Fintech-Unternehmen bereits heute den der größten deutschen Banken übersteigt, stehen viele Start-Ups der Branche in Deutschland noch am Anfang. „Wir möchten heute Abend Ideen und Anregungen aus der Branche weitergeben und den Raum zum Vernetzen bieten“, fasste Gastgeber Ellenberg das Ziel der Veranstaltung zusammen.

Mit Jan Kus trat in der Folge ein Mann auf die Bühne, der als Geschäftsführer der „Railslove GmbH“ selbst langjährige Erfahrung an der Spitze eines Fintechs vorzuweisen hat. In seinem Vortrag präsentierte der aus Köln angereiste „begeisterte Entrepreneur, Coder und Innovator“ –wie er selbst von sich schreibt– die „Ebics-Box“, die sein Unternehmen entwickelt hat.

Eine Box für alle Bankgeschäfte

Dabei handelt es sich um eine Komplettlösung zur einfachen Integration von Finanztransaktionen in bereits bestehende Systeme von Unternehmen. Ob das automatisierte Abrufen von Kontoauszügen, das Tätigen von Überweisungen oder der Lastschrifteinzug – Geschäftskunden würden durch den Einsatz der „Ebics-Box“ eine spürbare Entlastung erfahren und könnten sich um das Kerngeschäft kümmern.

Treuhänder wie „Easy Car Pay“, das einen sicheren und bargeldlosen Autokauf verspricht, und Marketplaces wie „makerist“ gehörten schon heute zu den Kunden des Kölner Unternehmens und nutzten die Lösung von Railslove.

Neben seinem Engagement als Geschäftsführer veranstaltet Kus in Zusammenarbeit mit der Postbank und Hack Institute ab Juni einen deutschlandweiten Hackathon. Dabei kommen rund 60 interessierte IT-Spezialisten zusammen und entwickeln in nur wenigen Tagen neue Softwarelösungen. Vom 25. November 2016 bis 27. November 2016 macht die Tour in Stuttgart Station.

Wenig Innovation bei Banken

Mit Dr. Oliver Böpple ergriff wenig später ein promovierter Philosoph und Medienwissenschaftler das Wort und näherte sich in seinem Vortrag dem Thema „Crowdlending“. „Die Menschen ändern sich, die Banken nicht“, sagte der Referent, der für die „YOUSE GmbH“ in Stuttgart arbeitet. Demnach würden 71 Prozent der Deutschen lieber zu ihrem Zahnarzt gehen, als mit ihrem Bankberater reden.

Bei „P2P Banking“ geht es um Kreditgeschäfte, die zwischen Privatpersonen durchgeführt werden. Dabei stellt ein Kreditnehmer sein Projekt vor, ein Investor bietet in der Folge Geld an. Besonders bei Konsum- und Mikrokrediten sei diese Geschäftsform bereits etabliert. „Zwar ist es immer noch ein kleiner Markt, doch sind die Wachstumszahlen durchweg zweistellig“, bilanziert der Experte die bisherige Marktentwicklung.

Da derzeit mehr als 150 Plattformen in ganz Europa um Marktanteile kämpften, stehe eine Konsolidierung kurz bevor. „Das Erfolgsrezept liegt darin, eine technische Lösung mit den Bedürfnissen der Kunden zu harmonisieren“, beschreibt Böpple die Herausforderung für die Anbieter und empfiehlt den etablierten Kreditinstituten: „Die Banken müssen sich in Zukunft an den digitalen Kunden gewöhnen. Wenn sie neue Geschäftsmodelle ausprobieren und Partnerschaften mit innovativen Fintechs eingehen, kann es ihnen gelingen, ihren derzeitigen Vertrauensvorsprung in Marktmacht umzuwandeln.“

Hertha BSC Berlin leiht eine Million Euro in neun Minuten

Dass Crowdlending funktionieren kann, erklärt der YOUSE-Büroleiter mit einem eindrucksvollen Beispiel: „Erst vor wenigen Monaten hat sich Hertha BSC Berlin mit Hilfe einer Crowdlending-Plattform bei Fans und Investoren eine Million Euro geliehen. Das Geld kam in nur neun Minuten zusammen.“

Neben Vorträgen und Möglichkeiten der Vernetzung möchte Accelerate Stuttgart ab Herbst 2016 ein Programm starten, bei dem bis zu zehn Fintech-Start-Ups sechs Monate unterstützt und gefördert werden. „Momentan sind wir in den letzten Abstimmungsgesprächen mit Vertretern aus dem Finanz- und Versicherungsbereich und möchten im vierten Quartal mit dem Programm starten,“ beschreibt Johannes Ellenberg den Sachstand.

Vielleicht ist dann auch der ein oder andere Teilnehmer des Fintech Meetups mit an Bord.