Das Unternehmen will seine Produktion nach Bayern verlagern, knapp 120 Beschäftigte verlieren dadurch ihren Arbeitsplatz. Für die Stadt kommt die Nachricht überraschend.

Korntal-Münchingen - Die gut 120 Beschäftigten hat es Mitte der Woche wie ein Schlag getroffen: Da teilte ihnen die Geschäftsleitung ihrer Firma Frutarom-Gewürzmüller mit, dass sie den Standort in der Siemensstraße in Münchingen schließt. Der israelische Konzern Frutarom, zu dem Gewürzmüller seit 2007 gehört, will die Produktion ins bayerische Freilassing verlagern. Das Gebäude in Münchingen, so eine Pressemitteilung des Konzerns, verfüge über keine Expansionsmöglichkeiten, um die „wachsenden Kundenanforderungen zu unterstützen“. Allen Beschäftigten in Münchingen soll gekündigt werden, teilt eine Pressesprecherin mit. Den Mitarbeitern sei nicht angeboten worden, an einem anderen Standort zu arbeiten. Gespräche mit dem Betriebsrat liefen.

 

Die Schließung ist laut der Pressesprecherin für den Frühsommer geplant, ein genaues Datum steht demnach bislang nicht fest. Weil der Standort in Bayern den Vorstellungen des Unternehmens entspräche, habe man sich nicht bemüht, in Münchingen zu bleiben. Eine weitere Niederlassung von Frutarom in Feuerbach bliebe von der Entwicklung indes unberührt.

Gespräche mit dem Betriebsrat

„Für mich kommt das nicht überraschend“, sagte Jürgen Reisig von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), „wenn man mit großen Konzernen zu tun hat, sind die Beschäftigten ein Spielball.“ Ein Kündigungstermin für die 116 Mitarbeiter und etwa zehn Leiharbeiter sei noch nicht genannt worden. Am Montag beginne eine Reihe von Gesprächen, auch mit der Firmenleitung, etwa über einen Sozialplan und Interessensausgleich. Es gebe viele Kollegen, die schon sehr lange im Betrieb seien, sagte die Betriebsratsvorsitzende Yvonne Obermaier unserer Zeitung, „30, 36 oder 38 Jahre“.

Gewürzmüller stellt Gewürzmischungen und Marinaden vor allem für die Fleischproduktion her. Frutarom hat Gewürzmüller 2007 vom damaligen Eigentümer Thomas Rendlen übernommen; ihm gehört nach wie vor das Betriebsgelände. Auch er habe erst am Donnerstag von den Schließungsplänen von Frutarom erfahren, so Rendlen gegenüber unserer Zeitung – „ich habe das aber geahnt“. Der Mietvertrag laufe bis Oktober 2017, über eine Verlängerung habe man bereits gesprochen. „Nicht nur meinen Mitarbeitern von früher, sondern auch mir ist gekündigt worden.“ Laut Vertrag hätte der Mietpreis bei einer Verlängerung an die ortsübliche Höhe angepasst werden sollen, das sei aber „ganz bestimmt nicht der Grund“ für die Schließung, so Rendlen. „Über Zahlen haben wir noch gar nicht geredet.“ 2015 sei er sogar gefragt worden, ob er sich einen Verkauf des Geländes vorstellen könne. Nun suche er neue Mieter für das Gebäude, das 1978 erbaut, 1992 erweitert und 2004 saniert wurde. Da sei er zuversichtlich, „in der Umgebung gibt es genug Firmen mit Platzproblemen.“

Überraschender Weggang

Für den Bürgermeister Joachim Wolf kam die Nachricht von der Schließung von Frutarom überraschend. „Wir wussten von nichts“, sagte Wolf. „Wir verlieren ein wertvolles Unternehmen.“ Über den Grund für die Schließung, den Frutarom genannt hat – mangelnde Expansionsmöglichkeiten – zeigte sich Wolf erstaunt. „Wir haben vor nicht allzu langer Zeit bei allen Unternehmen angefragt, ob es Expansionswünsche gibt, da gab es keine Rückmeldung von Frutarom.“ Nun wolle man sich mit den Beteiligten zeitnah zusammensetzen, um über eine Nachfolge zu beraten. „Das ist ein attraktiver Standort, und ich bin zuversichtlich, dass sich dort wieder jemand findet.“

Auch bei der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart war man nach Aussage des Geschäftsführers Walter Rogg ahnungslos über die Verlagerung. „Es ist natürlich schlimm, wenn Arbeitsplätze verloren gehen.“ Zumindest seien es wohl betriebswirtschaftliche und keine politischen Gründe, die zum Wegzug führten.