Die DLW Flooring schließt den Standort in Bietigheim-Bissingen, weil der Investor abgesprungen ist. Rund 350 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Bietigheim-Bissingen - Es war ein schwarzer Freitag für die rund 350 Beschäftigten des Bietigheimer Traditionsunternehmens DLW Flooring, einem Hersteller von Bodenbelägen. Am Nachmittag waren sie wegen der Schließung des Standortes, die am Donnerstag bereits per Pressemitteilung verkündet worden war, zu einer Mitarbeiterversammlung einberufen worden. Dort bekamen sie von Hans-Norbert Topp, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, bestätigt, was sie ohnehin schon wussten: Während der Zweitstandort Delmenhorst – das einzige Linoleum-Werk in Deutschland – wohl erhalten bleiben kann, werden sie, weil der zuletzt interessierte Investor abgesprungen ist, ihren Arbeitsplatz verlieren. 190 von ihnen sind bereits von Montag an freigestellt, die anderen 150 sollen noch für eine geordnete Abwicklung sorgen.

 

Schock, Wut und Frustration sitzen bei den DLW-Beschäftigten tief

Was sich allerdings erst im Laufe der Versammlung herauskristallisierte: Offenbar ist in der Insolvenzmasse kein Geld vorhanden, um eine Transfergesellschaft für die vor dem beruflichen Aus stehenden Beschäftigten zu gründen. „Es ist ja nicht mal mehr genug Geld vorhanden, um alle Rechnungen zu begleichen“, sagt der Unternehmenssprecher Holger Voskuhl. Schock, Wut und Frustration saßen bei den DLW-Beschäftigten nach der rund einstündigen Versammlung entsprechend tief.

Kein Blatt vor den Mund nimmt angesichts der Entwicklungen Andreas Klose, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Industrie (IGBCE). „Es ist eine Riesensauerei, dass im letzten Quartal behauptet wurde, die Sanierung sei auf gutem Weg, während man noch das Maximum aus der Firma rausholt und dann die Arbeitnehmer im Unterhemd auf die Straße stellt und sagt, jetzt ist nichts mehr da“, kommentiert der Gewerkschafter.

Die Beschäftigten fühlten sich „extrem an der Nase herumgeführt“, sagt Klose, „und wir uns auch, schließlich haben wir als Gewerkschaft den Sanierungstarifvertrag mitgetragen. Das Ganze erinnert mich an einen sehr schlechten Wirtschaftskrimi.“

2014 war das Unternehmen unter der damaligen Muttergesellschaft in die Insolvenz gegangen und an den niederländischen Investor Fields verkauft worden. Im Herbst 2017 hatte es die vorläufige Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt; die Rede war damals von einem akuten Liquiditätsengpass.

Oberbürgermeister Jürgen Kessing sorgt sich um die Perspektiven der Belegschaft

„Kein schöner Tag“: So umschrieb Oberbürgermeister Jürgen Kessing seine Gemütslage in Sachen DWL. „Wenn ein solches Traditionsunternehmen, das den Beginn der Industrialisierung in Bietigheim markiert hat und lange der Arbeitgeber schlechthin war, so viele Arbeitsplätze wegfallen lässt, ist das eine sehr schwierige Situation.“ Nachdem das Unternehmen schon in den vergangenen Jahren massive Einschnitte habe verkraften müssen, „hatten wir alle gehofft, dass der Turnaround geschafft ist“. Auf die Überplanung des neue Bogenviertels habe die Insolvenz indes keine Auswirkung; der Teil des DLW-Geländes, auf dem sich die verbliebene Produktion befinde, sei ohnehin nicht für die Wohnbebauung vorgesehen. „Das Wichtigste für uns“, sagt Kessing, „sind jetzt die Arbeitsperspektiven für die DLW-Beschäftigten.“

Genau für diese Perspektiven sieht der IGBCE-Vertreter Klose, der sich auf konfrontative Sozialplan-Verhandlungen einstellt, schwarz: „Es ist nicht mehr die jüngste Belegschaft, und die Tätigkeiten sind sehr spezifisch auf DWL zugerichtet.“ Diamentral von dieser Einschätzung unterscheidet sich diejenige von DLW-Flooring-Geschäftsführer Topp: „Ich bin überzeugt, dass die Beschäftigten aufgrund ihrer guten Qualifikationen und hohen Motivation sicher schnell neue Arbeitsplätze finden.“