Laut dem Fitnessbarometer der Kinderturnstiftung hat die Fitness der Drei- bis Zehnjährigen in der Pandemie nachgelassen. Allerdings könnten die Kinder die Defizite aufholen, so der Sportwissenschaftler Klaus Bös. Er appelliert zudem an die Vereine.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Geschlossene Turnhallen, ausgefallener Sportunterricht – in der Pandemie mussten Kinder auf vieles verzichten. Doch wie haben sich die Maßnahmen auf ihre Fitness ausgewirkt? Kurzfristig im Durchschnitt negativ. Das hat das aktuelle Fitnessbarometer der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg ergeben, das diese in Stuttgart vorgestellt hat. Für die Jahre 2020 und 2021 konstatiert die Stiftung einen „Einbruch“ in der Fitness der Drei-bis Zehnjährigen im Vergleich zu den Jahren 2012 bis 2019. Allerdings sei dieser nicht so stark wie befürchtet, betont Sportwissenschaftler Klaus Bös vom Karlsruher Institut für Technologie, das die Daten für die Kinderturnstiftung auswertet.

 

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Die Forscher haben für das jährliche Fitnessbarometer Daten von rund 25 400 Kindern berücksichtigt. Alle hatten den Deutschen Motorik-Test bewältigt. Dabei müssen sie zum Beispiel 20 Meter sprinten, rückwärts balancieren und aus dem Stand möglichst weit springen. 2021 ging der Fitness-Gesamtwert der Auswertung zufolge im Vergleich zum Wert vor der Pandemie um drei Prozent zurück. Am deutlichsten waren die Rückschritte bei der Schnelligkeit (minus 5,2 Prozent) und Koordination (minus 3,6 Prozent), auch die Ausdauer habe sich tendenziell verschlechtert, so Bös (minus 1,9 Prozent). Die Beweglichkeit der Kinder sei gleichgeblieben, bei der Kraft hätten sie sich leicht verbessert (plus 2,3 Prozent). Letzteres erklärt Bös mit den Digitalangeboten in der Pandemie. Vereine und Sportlehrer hätten vor allem Übungen zur Muskelkräftigung angeboten. Der Sportwissenschaftler betont, die Kinder könnten die Rückschritte durchaus aufholen. Es handele sich bei den Daten zu den Coronajahren lediglich um eine Momentaufnahme. Ob sich die Pandemie auch langfristig auf die Fitness der Kinder auswirkt, könne man erst in ein paar Jahren sehen. Derzeit geht er „eher von einer Delle“ als von einem tatsächlichen „Knick“ aus.

Stuttgart sei im Vergleich „eine Oase“

Die gute Nachricht: Die Mädchen und Jungen im Land seien immer noch fitter als Gleichaltrige im Bundesdurchschnitt – sogar um rund sieben Prozent. Im Vergleich zu anderen Großstädten in Deutschland sei Stuttgart zudem eine „Oase“, das Sportamt tue „wahnsinnig viel“ für Kinder. Dennoch sieht der Sportwissenschaftler Grund zur Sorge – auch vor dem Hintergrund der „Adipositas-Epidemie“. Immer mehr Kinder seien übergewichtig. Eine Grundfitness sei aber für die Gesundheit zentral. Bös appelliert an die Sportvereine, ihr Angebot zu überdenken. Es gelinge diesen nicht ausreichend, Kinder auch nach der Grundschule weiter zu binden. Hier seien Angebote gefragt, die bis ins Erwachsenenalter hinein attraktiv blieben.

Professor Klaus Bös bei der Vorstellung des Fitnessbarometers Foto: Lichtgut