Das Coconut Gym war seit Februar der Nachfolger des Activ City an der Olgastraße. Nach nur wenigen Monaten ist es insolvent. Viele Mitglieder fürchten um im Voraus geleistete Zahlungen.
S-Mitte - Das Coconut Gym liegt in einem Hinterhof an der Olgastraße. Ein mit Sand gefüllter Eimer steht noch vor der Tür. Die Mitglieder des Fitnessstudios konnten in dem Behälter ihre vor oder nach dem Training gerauchten Zigaretten ausdrücken. Der Behälter kann nun wohl bald weg. Das Fitnessstudio, das viele Jahre lang „Activ City“ hieß, ist im Insolvenzverfahren.
„Wir haben per E-Mail erfahren, dass das Studio ab sofort geschlossen hat“, sagt Renate Berg. Sie und ihr Mann Gerhard heißen in Wirklichkeit anders. Das Ehepaar will seinen Namen aber nicht im Zusammenhang mit der Pleite des Studios in der Zeitung lesen. Die Bergs trennte bisher nur die Wächterstaffel von dem Ort, an dem das Ehepaar zusammen Sport treiben konnte. Das sei sehr bequem gewesen, meint die Stuttgarterin.
Kunden fürchten um ihr Geld
Renate Berg hat mehr Glück als ihr Mann. Sie entrichtete ihre Beiträge an das Studio monatlich und konnte ihren Dauerauftrag beenden. Ihr Mann habe dagegen erst im Herbst sich auf Vorauszahlungen eingelassen, erzählt sie. „Er glaubt nicht daran, dass er das Geld noch einmal wiedersieht“, sagt sie.
Das Ehepaar gehörte zu den treuen Kunden des Studios. Nachdem das Coconut Gym an die 1100 Mitglieder appelliert hatte, die günstigeren, mit dem Vorgänger Activ City abgeschlossenen Verträge in teurere Tarife umzuwandeln, unterzeichneten die Bergs eine Absichtserklärung. Sie erklärten sich bereit, die mehr als doppelt so teuren Tarife zu zahlen, sollte das Studio fortbestehen. „Wir wollten unbedingt, dass es weitergeht“, sagt Berg. Nur 300 Mitglieder zahlten den neuen Tarif.
Das Studio hätte für einen sich rentierenden Weiterbetrieb allerdings 600 weitere Mitglieder finden müssen, die freiwillig mehr zahlen, erklärte es in einer Rundmail vom 14. August.
Betreiber beschuldigen Vorgänger
Die Leitung des Coconut Gym hatte in dieser E-Mail auch erläutert, warum das von ihnen geleitete Studio nach etwas mehr als einem halben Jahr in die finanzielle Schieflage geraten sei. Die Betreiber beschuldigten die Vorgänger, ihnen wichtige Geschäftsunterlagen nicht ausgehändigt zu haben. Deshalb habe die Bank das Konto des neuen Studios gesperrt. Zum anderen hätten die alten Betreiber Vorauszahlungen aus Zeiten des „Activ City“ der neuen Studioleitung vorenthalten.
Auf Nachfrage will die Leitung des Coconut Gym ihre gegenüber den Mitgliedern geäußerten Vorwürfe nicht weiter erläutern. Das Insolvenzverfahren laufe und Unterlagen würden geprüft, heißt es in einer Mail. Die beiden Leiter des früheren Activ City halten es sich offen, juristisch gegen die Anschuldigungen vorzugehen. Der frühere Betreiber Sandro Winkel wirft seinen Nachfolgern vor, von ihrem unternehmerischen Versagen ablenken zu wollen. „Einem Prozess vor Gericht sehen wir ganz gelassen entgegen“, meint er.
Mitglieder müssen Ersatz suchen
Die Mitglieder des Coconut Gym können bis zum 1. September bei einer konkurrierende Studiokette in der Innenstadt kostenlos trainieren. Da das Ehepaar aber auch über den 1. September hinaus in einem Studio Sport treiben will, bleibt den Bergs nichts anderes übrig, als einen neuen Vertrag mit den damit verbundenen Kosten abzuschließen.
Erich Nolte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg macht dem Ehepaar kaum Hoffnung, dass es im Voraus bezahlte Beiträge zurückerstattet bekommt. Sobald ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Anbieters eröffnet sei, könnten betroffene Verbraucher nur noch den Insolvenzverwalter kontaktieren und ihre Forderungen zur Liste anmelden, erläutert er. „Ob und in welcher Höhe Gelder erstattet werden können, ist fraglich. Die Betroffenen müssen jedoch mit dem Totalverlust des vorab bezahlten Geldes rechnen“, erklärt Nolte.
Verbraucherschutz mahnt zur Vorsicht
Der Verbraucherschützer hält wenig von einer Zahlungsweise im Voraus. Sei klar, dass ein Studio in Schwierigkeiten stecke und bietet eine Vertragsumstellung auf Vorauszahlung an, rate er davon immer ab. Ein vermeintlich günstiges Studio kann sich nämlich bei einer Insolvenz als Geldgrab erweisen.