Nicht jeder Sportler kann ein Profi werden. Doch auch Breitensportler wollen etwas für ihre Fitness tun. In unserer Serie geben wir Einblicke, erklären die Stärken und Schwächen auch aus medizinischer Sicht und haben Profis nach ihren Tipps für Übungen gefragt.

Stuttgart - Mittlerweile ist auch so mancher Autofahrer überrascht. „Wie fit die alle sind . . .“, mag er sich denken, wenn er zum Überholen ansetzt und an der Radlerin auf ihrem schicken Bike einfach nicht locker und lässig vorbeikommen will. Das Geheimnis der neuen Fitness vieler Hobby-Pedaleure: ein kleiner schwarzer Kasten, der einen Akku verkleidet. Das E-Bike bewegt mittlerweile Millionen – und auch Sabine Spitz ist alles andere als abgeneigt.

 

Gut, die Mountainbike-Olympiasiegerin von 2008 hat die Unterstützung eines Elektromotors nun wirklich nicht nötig. Noch immer mischt sich die mittlerweile 45-Jährige im Weltcup unter die Besten, noch immer ist sie begeistert von ihrem Sport – und freut sich umso mehr, dass durch die technische Entwicklung der E-Bikes auch Menschen in den Genuss des Radfahrens kommen, die mit der Sportler-Laufbahn fast schon abgeschlossen hatten. „Das ist eine gute Geschichte, um konditionell Schwächeren das Erlebnis Mountainbike zurückzugeben“, sagt sie und betont: „Lieber auf einem E-Bike unterwegs als gar nicht in Bewegung.“ Zumal der Grad der elektronischen Unterstützung ja frei gewählt werden kann.

„Dieser Sport hat so viele Facetten“

Doch auch ohne diesen Komfort liebt Sabine Spitz das Radfahren. Schon auf der Straße fährt die gerne auf dem Rennrad, noch viel lieber aber ist sie auf dem Mountainbike unterwegs. „Dieser Sport bietet so viele Facetten“, sagt sie und schwärmt vom „Naturerlebnis“, wie es sonst nur ein Wanderer kennt. Im Gegensatz zum Fußgänger hat der Radler aber einen ganz anderen Aktionsradius. Und im Gegensatz zum Rennradfahrer sieht sie alle Mountainbiker als Ganzkörpersportler.

Nicht nur die Kraft in den Beinen sei gefragt auf der Fahrt durchs Gelände, vor allem die Rumpfmuskulatur sollte gut ausgebildet sein, damit der Körper einen „Spannungsbogen“ zwischen den Füßen am Pedal und den Händen am Lenker beschreiben kann. Wer wie lange im Sattel sitzt, ist eine individuelle Frage. Ein paar Tipps hat Sabine Spitz dennoch.

Über kürzere Distanzen vorantasten

Trainingsdauer und -intensität sollten kontinuierlich gesteigert werden. „Es ist immer ratsam, sich über kürzere Distanzen voranzutasten“, erklärt die Profisportlerin. Balance-Übungen auf dem Rad erleichtern später das Fahren im Gelände, und wer etwas für seine Kraftwerte tun möchte, schaltet in bestimmten Abschnitten einfach mal ein, zwei Gänge höher. „Damit tut man sich langfristig etwas Gutes“, sagt die Olympiasiegerin, die ihre Muskulatur zudem regelmäßig dehnt und auch eine Faszienrolle benutzt.

Wer sich derart akribisch auf seine Radtouren vorbereitet, hat viele Jahre Spaß auf dem Bike. Und wenn es dann doch mal zu anstrengend wird, lohnt der Umstieg auf ein E-Bike – für den eigenen Fahrspaß. Und um so manchen Autofahrer zum Staunen zu bringen.

Das sagt der Mediziner

Sportorthopäde und Sportmediziner Raymond Best äußert sich zu den gesundheitlichen Aspekten des Radfahrens

Allgemein „Radfahren gehört mit zu den gesündesten Sportarten überhaupt. Radfahren punktet – gegenüber anderen Ausdauersportarten – mit einem wichtigen Pluspunkt: Es entlastet die Gelenke wie zum Beispiel das Knie, da das Fahrrad das Körpergewicht trägt.“

Herz-Kreislauf

„Die Ausdauersportart fordert Herz und Kreislauf und regt den Stoffwechsel an. Die Atmungsorgane werden gleichmäßig mit Sauerstoff gefüllt, das Radfahren kräftigt die Atemmuskulatur, verbessert die Ventilation der Lunge – und schützt vor Infekten.“

Psyche „Wer häufig Rad fährt, ist resistenter gegen Stress und hat eine höhere psychische Stabilität. Aufgrund seiner gleichmäßigen Bewegungsform kommt eine entspannende Wirkung hinzu. Folge: Sogenannte Stressoren werden abgebaut – eine emotionale Harmonie und ein positives Körpergefühl breiten sich aus.“

Vorsicht

„Im Gegensatz zu anderen Sportarten stellen Verschleiß und Überbelastung des Körpers beim Radfahren eine geringe Gefahr dar. Die häufigsten Verletzungen treten durch Unfälle auf. Ein Helm ist natürlich Pflicht. Zu schnelles Fahren wird bei Anfängern nur schwer wahrgenommen. Daher ist eine Pulskontrolle zu empfehlen. Eine sportmedizinische Untersuchung für Neueinsteiger ergibt zutiefst Sinn.“