Welche Wirkung hätte ein womöglich flächendeckendes Tempolimit in der Stadt? Darüber gehen die Meinungen auseinander.

Stuttgart - Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) lehnt die Teilnahme Stuttgarts an einer Städteinitiative für Tempo 30 ab. Grüne, SPD, das Linksbündnis und die Fraktion Puls im Gemeinderat fordern den Beitritt. Die Initiative will erreichen, dass der Bund die Entscheidungshoheit über eine Geschwindigkeitsbeschränkung über die bisher begrenzten Möglichkeiten der Straßenverkehrsordnung (Lärm- oder Sicherheitsgründe) hinaus an die Kommunen delegiert. Das Mehrheitsbündnis hatte im Juni den Antrag gestellt. Stuttgart solle sich als Modellstadt für Tempo 30 beim Bund bewerben. Tempo 30 sei in Städten wie Brüssel oder Barcelona fast flächendeckend die Regel und bringe weniger Lärm, bessere Luft und mehr Aufenthaltsqualität.

 

Untersuchungen nicht abgeschlossen

Nopper begründet seine Ablehnung damit, dass bei einer Zuständigkeit der Stadt „aufgrund des Drucks aus der jeweils angrenzenden Bevölkerung über kurz oder lang Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit etabliert würde“. Außerdem führt er die Möglichkeit ins Feld, dass die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) den Takt der Busfahrten dann nicht mehr einhalten könne. Die SSB befürchteten längere Fahrzeiten und damit einen steigenden Fahrzeugbedarf. 70 Prozent der Straßen in Stuttgart seien Tempo-30-Straßen, auf einer Vielzahl von Durchgangsstraßen gelte Tempo 40, eine vollflächige Verlangsamung werde Kapazitäten verringern und zu Ausweichverkehr in das untergeordnete Netz führen, mit „Auswirkungen auf die Luftqualität und die Wohnqualität“. Bei den SSB wird eine Prognose zur Wirkung von Tempo 30 erarbeitet, Ergebnisse sollen 2022 vorliegen. Das Amt für Umweltschutz untersucht das Thema Verdrängungsverkehr.

BUND fordert Abstimmung im Rat

Der Bund für Umwelt und Naturschutz in Stuttgart kritisiert Noppers Ablehnung. „Das Dogma von Tempo 50 an dicht bewohnten Hauptstraßen spricht jeder Verkehrswende und modernen Stadtentwicklung Hohn“, sagt die Vorsitzende Clarissa Seitz. Nopper nehme „den Niedergang ganzer Straßenzüge billigenden in Kauf“. Kein Autofahrer werde sich in Wohngebiete verirren, wenn er auf einer Hauptstraße genauso schnell ans Ziel komme. Seitz will, dass der Gemeinderat über den Antrag abstimmt.