Viele Menschen sammeln Pfandflaschen und verdienen sich so ein kleines Taschengeld. Grüne und CDU wollen nun spezielle Pfand-Behälter an Abfalleimern einführen, damit Flaschensammler nicht mehr im Müll wühlen müssen.

Stuttgart - Das Geld liegt eben auf der Straße – oder vielmehr an der Straße. Thomas Schuler sammelt immer wieder mal Pfandflaschen, ohne Scham, dafür mit Kalkül. Ein Griff in den Abfalleimer ergibt im besten Fall 25 Cent. So viel bekommt er im Supermarkt für eine PET-Flasche oder eine Dose. Bierflaschen bringen weniger. Dafür stecken sie gerade am Wochenende und montags als Überreste der Partys in der Innenstadt in großer Zahl in den Mülleimern oder liegen auf den Bürgersteigen herum.

 

Thomas Schuler sagt es nicht direkt. Aber wenn er vorrechnet, was er mit einigen gesammelten PET-Flaschen so alles machen kann, wird klar: Er kann kaum nachvollziehen, dass andere etwas im Wert von 25 Cent einfach an der Straße abstellen. „Mit dem Pfand von vier PET-Flaschen kann ich mir einen Kaffee leisten“, sagt der Straßenverkäufer und Stadtführer der Obdachlosenzeitung „Trottwar“. Auf den Monat gerechnet ergibt sich für ihn eine Art Haushaltsgeld. Fünfzehn Euro hat er durch regelmäßigen Griff in den Mülleimer zusätzlich zu den geschätzten 600 Euro Nettolohn, schätzt er. Davon gibt er im Monat circa 400 Euro für Miete und Fahrkarte aus. Fünfzehn Euro mehr im Geldbeutel zu haben bedeutet für Schuler also eine spürbare Verbesserung seiner Lebenssituation.

CDU und Grüne wollen, dass Menschen wie Thomas Schuler künftig nicht mehr im Müll wühlen müssen, um sich ein zusätzliches Monatseinkommen zu verdienen. Pfandbehälter sollen an den öffentlichen Abfallbehältern aufgehängt werden. Dies soll zum einen als Anreiz dienen, Pfandflaschen nicht einfach achtlos fortzuwerfen, sondern auch wirklich dem Recycling zuzuführen. Menschen wie Thomas Schuler soll es ermöglichen, ihr Geld ohne den Griff in den Mülleimer zu verdienen.

Die Grünen haben gleich einen entsprechenden Antrag gestellt. Die CDU-Fraktion will zunächst Informationen von der Stadt über das Ausmaß des am Recycling vorbei entsorgten Mülls in Stuttgart. Gleichwohl lässt die CDU Sympathie für das vom Gesamtjugendrat angeregte Aufhängen von Pfandbehältern in der Stadt erkennen.

Idee macht Schule

Anaïck Geißel ist Mitglied der Projektgruppe Jugendrat Mitte. Ihr Bruder hatte von einer Initiative aus Hamburg gehört, die in der Hansestadt öffentliche Mülleimer mit Behältern versehen hat, die wie Getränkekästen aussehen und auch so funktionieren. Die Idee machte auch in anderen deutschen Städten Schule, zum Beispiel in Dresden. „Mein Bruder und seine Freunde haben tatsächlich einige Kästen aufgehängt, aber die sind leider schnell wieder verschwunden“, sagt Geißel.

Die jungen Leute waren sich zudem nicht sicher gewesen, ob sie mit ihrer Aktion gegen geltendes Recht verstoßen. Angeregt von Anaïck Geißel schrieb der Stuttgarter Gesamtjugendrat im vergangenen November dann Briefe an die Gemeinderatsfraktionen. „Wir haben uns für ein Aufstellen solcher Behälter durch die Stadt starkgemacht, weil wir die Unterstützung von Flaschensammlern durchaus als Aufgabe der öffentlichen Hand verstehen“, sagt Anaïck Geißel.

So sehen es auch Politiker von CDU und Grünen. Peter Svejda vom Kreisvorstand der Grünen erinnert daran, dass Flaschensammler Anrecht auf Gesundheitsschutz haben. „Wer sich in einem Mülleimer an einer Scherbe verletzt, kann sich eine schwere Infektion holen“, sagt Svjeda. Alexander Kotz, Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion, weist darauf hin, dass das Sammeln von Pfandflaschen für manche Stuttgarter nicht nur Lebenserwerb sei. „Sie tragen auch dazu bei, dass die Flaschen wiederverwertet werden. Das sollten wir unterstützen“, sagt Kotz.

Der Flaschensammler Thomas Schuler ist sich aber nicht sicher, ob die Pfandbehälter eine Hilfe sein werden. Keiner wisse schließlich, ob die Flaschen wirklich dort landen. „Vielleicht holt sie auch jemand raus und zerdeppert sie“, sagt Schuler. Als entwürdigend empfinde er sein Geschäft ohnehin nicht. „Ich verwende ja Handschuhe“, sagt er. Und Geld stinkt nicht.