Fledermäuse sind Ilona Bausenweins Leben. Seit mehr als 30 Jahren päppelt die Tübingerin die verunglückten Flattermänner auf und beherbergt 50 solcher Tiere in ihrer Wohnung. Ein paar davon hat sie jetzt auf dem Hohenstaufen präsentiert.

Göppingen - Und sie machen doch Geräusche. Madame Näschen, ihres Zeichens eine Zwergfledermaus protestiert laut knatternd, als Ilona Bausenwein sie in ihrem schützenden Bastschächtelchen aus dem Rucksack kramt. „Soziallaute der Fledermäuse liegen im normalen Hörbereich“, klärt die Expertin auf, die seit mehr als 30 Jahren in Tübingen die nachaktiven Tiere aufpäppelt.

 

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet an dem Tag , als der Tod des Dracula-Darstellers Christopher Lee bekannt wird, die Fledermäuse Einzug auf dem Hohenstaufen halten. Andreas Schweickert, der alles unternimmt, um die Attraktion des Göppinger Hausbergs und somit die Frequenz in der Berggaststätte Himmel und Hölle zu steigern, hatte die Fledermaus-Expertin eingeladen und mit Hilfe von Nabu und Forstamt vier Fledermausbehausungen auf dem Gipfel installieren lassen.

Ein Rucksack voller Fledermäuse

Ilona Bausenwein hatte dafür einen Rucksack voll ihrer Schützlinge mitgebracht. Tatsächlich reisen Madame Näschen, Michel, Balu oder wie sie ihre Zwerg-, Breitflügel- oder Mückenfledermäuse so nennt in kleinen Strohschächtelchen gut verpackt mit ihrer menschlichen Fledermausmutter mit.

Die Nähe zu den Insektenfressern sei kein Problem erklärt sie. Die Tiere seien äußerst sozial. „Um eine Fledermaus zu beruhigen, muss man sie nur um die Ecke quatschen“, dozierte Bausenwein vor rund 30 interessierten Zuhörern. Dass sie dies aus dem Effeff beherrscht, dürfte keiner der Zuhörer bezweifeln. Bausenwein klärte sie in kürzester Zeit ohne Punkt und Komma auf.

Balus Herz schlägt wie ein Turbo

Zwischendurch durften die Besucher die Zwergfledermaus Madame Näschen streicheln oder ihre imposante bis 47 Zentimeter reichende, hauchdünne Spannweite bewundern. Michel, der große Abendsegler überzeugte die Besucher durch sein Ultraschall, den Bausenwein mit Hilfe eines kleinen Geräts in hörbare Töne umwandelte. Fidel, die Breitflügelfledermaus wiederum schnurrt, wenn man sie sich ans Ohr presst und Balus Herz hört man schlagen wie einen Turbomotor.

Die Fledermäuse, die Bausenwein aus halb Mitteleuropa zur Pflege bekommt, füttert sie mit Mehlwürmern und Obst, die Zuhörer mit Informationen. Darüber, dass die Tiere gerne auch mal ein Sonnenbad nehmen und sich am Stuttgarter Hauptbahnhof unbemerkt tagsüber unter die Mauersegler mischen. Mit technischen Fledermausdaten wie Ruhepuls: 450, Winterpuls: 12, tägliche Fressmenge: bis zu 6000 Insekten und Spinnen („meine Wohnung ist absolut spinnenfrei“). Höchstgeschwindigkeit: 80 Stundenkilometer.

Rasiermesserscharfe Zähne

Zwischendurch steckt sie sich ein nur daumennagelgroßes Mückenfledermausbaby unter die Bluse („die mögen den Herzschlag“) und reicht ihre Tiere für Streicheleinheiten und Horchproben herum – alle – außer King Kong. „Der beißt. Und sie wollen doch keinen zwei Zentimeter langen rasiermesserscharfen Zahn in der Hand haben.“ Dafür darf Balu, der nicht mehr fliegen kann, seine Kletterkünste an Bausenweins Hosenbein demonstrieren.

Neue Bleibe eingeweiht

Am Ende hat Ilona Bausenwein noch ein besonderes Gastgeschenk mitgebracht: Fledermauskot. Das trockene vor allem aus Chitinresten bestehende Granulat rührt sie kurz an und bestreicht damit die Einflugspalten der nagelneuen Fledermauskästen, die auf dem Hohenstaufen angebracht werden. „Das heißt jetzt für alle Fledermäuse, dass diese Kästen bewohnbar sind“, erläutert sie. Ob allerdings jemals Besucher des Hohenstaufens diese Tiere noch einmal so hautnah erleben dürfen, scheint fraglich. Fledermäuse machen am liebsten einen großen Bogen um alle größeren Hindernisse, auch um Menschen.