Forscher aus den Niederlanden züchten Fleisch aus Stammzellen. Wie genau aber künstliche Burger schmecken, ist noch unklar.

Korrespondenten: Helmut Hetzel (htz)

Stuttgart - Viele lieben ihn, manche hassen ihn. Die meisten Menschen lassen sich den Hamburger in einer Fast-Food-Kette zubereiten, wo sie ihn meist auch essen oder mit nach Hause nehmen. Es gibt unzählige Varianten des Hamburgers. Fast alle werden mit gehacktem Rindfleisch serviert. Fleisch, das auf riesigen Rinderfarmen erst produziert werden muss, was wegen der weltweit steigenden Fleischnachfrage mit dazu führt, dass insbesondere in Südamerika immer mehr tropischer Regenwald gerodet wird, um neuen Raum für Rinderfarmen zu schaffen. Umweltschützer prangern das schon lange an.

 

Nun arbeiten niederländische Wissenschaftler daran, das Fleisch für die Hamburger im Labor zu züchten. Für solches im Labor hergestelltes Fleisch müssten keine Rinder mehr sterben und auch keine Tropenwälder mehr abgeholzt werden. Die niederländischen Wissenschaftler züchten das Fleisch aus embryonalen Stammzellen oder aus Vorläufern der Muskelzellen. Der Pionier auf diesem Forschungsgebiet ist der Forscher Mark Post. Zusammen mit einem kleinen Team an der Universität von Maastricht fügt er im Labor den Stammzellen von Rindern Wachstumsfaktoren hinzu, so dass sich die ursprünglichen Zellen vermehren können.

Nach einigen Wochen in der Wachstumsflüssigkeit vernetzen sich die Stammzellen miteinander. Daraus kann künstlich gezüchtetes Fleisch entstehen. "Wir sind mit unserem Forschungsprojekt der Herstellung von Fleisch im Labor schon sehr weit fortgeschritten. Ich hoffe, dass wir Mitte 2012 spätestens aber Ende nächsten Jahres den ersten Hamburger essen können, der mit Fleisch aus dem Labor zubereitet worden ist", sagt Mark Post. Er wird nicht billig sein. Denn die aufwendigen Forschungsarbeiten verschlingen eine ganze Menge Geld. Mark Post schätzt, dass der erste Hamburger mit Laborfleisch "rund 250.000 Euro" gekostet haben wird.

Künstliches Fleisch wäre ein Beitrag zum Tierschutz 

Um an das Geld zur Finanzierung seiner Forschung zu kommen, dachte sich der Wissenschaftler Post einen PR-Gag aus. Er trat zusammen mit einem Ferkel in einer TV-Show auf, warb dort für sein Projekt und um Sponsoren. Ein steinreicher Niederländer meldete sich. Er finanziert nun die Forschungen des Wissenschaftlers. Denn die Haager Regierung muss in diesen Krisenzeiten sparen. Sie hat alle bisherigen Subventionen für das Maastrichter Hamburger-Projekt gestrichen. Wer der reiche Holländer ist, der die Entwicklung finanziert, darf Post nicht verraten. "Ich kenne ihn, ich weiß, wer es ist, habe aber mein Ehrenwort gegeben, dass ich seinen Namen nicht verrate, solange das Projekt nicht abgeschlossen ist." Wenn das Projekt im kommenden Jahr erfolgreich beendet ist, dann wäre das möglicherweise der große Durchbruch zur Herstellung von derartigem Fleisch im Labor.

Gelänge dies, dann wäre das ein Durchbruch bei der alternativen Versorgung der Menschen mit Fleisch. Denn die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO geht davon aus, dass sich die Fleischnachfrage auf der Welt bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird. Würde aber das Fleisch zum Konsum auch in 40 Jahren noch so produziert wie heute, dann hätte das nach Ansicht der FAO verheerende Folgen für die Umwelt, weil die Fleischindustrie eine energieintensive Industrie mit einem sehr hohen Kohlendioxidausstoß ist.

Die Produktion von Laborfleisch wäre also ein Beitrag zum Umweltschutz, aber auch zum Tierschutz. Sie könnte das Ende der Massentierhaltung einleiten. Denn die Stammzellen zur künstlichen Fleischproduktion können von lebenden und von toten Tieren stammen. Und nicht nur von Rindern, sondern auch von Hühnern, Schweinen, im Prinzip von allen Tieren.

Doch wie schmeckt es? "Wenn wir Rindfleisch im Labor aus Stammzellen von Rindern herstellen, müsste es auch wie Rindfleisch schmecken", meint Mark Post. So ganz sicher ist er sich aber auch nicht. "Wissen werden wir das erst, wenn wir demnächst in einen Hamburger beißen, der mit Laborfleisch zubereitet wurde."