Die Online-Flirtbörse „Spotted: Uni Hohenheim“ auf Facebook hat enormen Erfolg. Sie lebt von den kreativen Texten ihrer Nutzer.

Sie: Gut aussehender Wiwi-Erstsemestler, habe dich vor b3 gesichtet, wir haben nebeneinander im Gedränge auf den Einlass gewartet. Deine grün-grau-weiß gestreifte Mütze hat mich fasziniert, und ich sitze hier in Mathe und kann die Augen nicht mehr von ihr lassen. Ich würde deine Strickmütze gerne ausführen! Allerdings hast du einen Ring am Finger. . . wird dieser zwischen mir und deiner Mütze stehen?“ Seit Anfang Januar bekommen die Hohenheimer Studenten solche Aufrufe häufiger zu lesen – sofern sie sich im sozialen Netzwerk Facebook auf der Seite „Spotted: Uni Hohenheim“ umschauen. Die Seite ist eine Art Kontakt- und Flirtportal, das Prinzip einfach: Wer jemanden gesehen hat, der ihm nicht mehr aus dem Kopf geht, schickt einen kurzen Text an den Moderator der Seite. Der stellt das Ganze online. Wenn sich der oder die Angebetete in dieser Nachricht erkennt und angesprochen fühlt, kann er oder sie sich darauf melden. Manchmal freilich dient das Portal auch einfach nur dazu, seine Begeisterung für bestimmte Kommilitonen loszuwerden:

 

„Er: Der einzige Grund, in die Multivariate Data Analysis Vorlesung zu gehen, sind die zwei Blondinen, die offensichtlich Zwillinge sind. Ihr seid aber auch zwei Granaten ;)“

Der Macher der Seite will unerkannt bleiben

Der Macher hinter der „Spotted“-Seite ist ein Student der Wirtschaftswissenschaften. Der 23-Jährige will selbst lieber anonym bleiben – damit die Vertraulichkeit gewahrt bleibt und auch die Schüchternen unter den Schreibern sich trauen, ihm ihre Texte zu schicken. Die Seite, so sagt er, „ist mal samstagabends aus einer Laune heraus entstanden – weil mir langweilig war“. „Er: An die schüchterne Brünette mit dem stechend grünen Wollpullover und den hellbraunen Stiefeln, die heute morgen um 11:07 Uhr mit einem bunten Salatteller in den Speisesaal kam. Du bist mir schon seit Längerem in der Vorlesung aufgefallen, da du jeden Montag zehn Minuten zu spät kommst und dich dann in die erste Reihe setzt. Ich habe mich bis jetzt noch nicht getraut, dich anzusprechen, da deine braunen Augen mich immer erstarren lassen wenn sich unsere Blicke treffen. Deine Stimme ist Musik in meinen Ohren. Gänsehaut überkommt mich bei dem Gedanken an dich. Ich hoffe sehr, dass du das hier liest. Ich bin ein stiller Romantiker, bei dem man das auf den ersten Blick gar nicht vermuten würde. Ich ziehe nächsten Montag ein blaues Hemd an, damit du mich mal wahrnimmst.“ Das Kuppelportal hat der Student erst vor knapp zwei Wochen online gestellt. „Und dann explodierte das“, sagt der junge Moderator, den der Erfolg selbst überrascht hat. Innerhalb von drei Tagen bekam die Seite 500 Likes, zu Deutsch „Gefällt mir“. Das ist die Währung, in der Facebook-Nutzer ihre Zustimmung ausdrücken. Aktuell sind es fast 2500 – eine Zahl, von der selbst mittelständische Unternehmen nur träumen. Das liegt nicht nur daran, dass der Macher sehr gut an der Uni vernetzt ist. Das „Spotted“-Konzept, das es mittlerweile auch an vielen anderen Unis gibt, „hat einfach auch einen hohen Unterhaltungswert“, findet der Student. Dann etwa, wenn es um Menschen geht, die jeder kennt – so wie die Frau an der Essensausgabe: „Er: Ich sehe dich jeden Tag in der Mensa. Du sitzt meistens an der gleichen Stelle, auch wenn du nie etwas isst. Dein asiatischer Akzent hat mich schon am ersten Tag verzaubert. Du trägst immer einen weißen Kittel, auf dem dein Name steht, wenn du lieblich sagst „Hier Karte bitte“. Ich finde es unheimlich süß, wie du dabei lächelst. Ich hoffe, ich kann dich mal auf einen Teller an der Wok-Theke einladen!“

Beleidigende Kommentare werden gelöscht

Dass das „Spotted“-Konzept auch Gefahren birgt, etwa Stalkern Tür und Tor öffnet, ist dem jungen Mann bewusst. Wer seinen Namen nicht in dem Portal lesen möchte, kann den Moderator deshalb darum bitten, dass der Eintrag gelöscht wird. Auch beleidigende Kommentare entfernt der Macher von der Seite. Die Mehrzahl der Texte, die er zugeschickt bekommt, lässt der Student aber so, wie sie sind – er findet sie „megacool und sehr kreativ“. „Sie: An den coolen Gitarristen mit der braun-schwarzen Wuschelmähne und den kurzen Beinen. Vor drei Jahren saßt du als Frau verkleidet neben mir und hast Sprite-Stroh getrunken. Ich (die Hure mit der Leo-Strumpfhose) musste dir den Lippenstift nachziehen. Seitdem haben wir uns immer wieder gesehen. Ich glaube, du bist ein kleiner Macho, aber – oder auch deswegen – verdreht mir kein anderer Typ den Kopf so wie du. Freu mich schon auf nächste Woche, vielleicht bist du dann wieder meine Transe. . .“

Verliebte sollen zusammenkommen

Das Ziel freilich bleibt, „dass sich Leute finden“, sagt der viel beschäftigte Macher, der inzwischen mit einem Freund zusammen die Seite betreut, weil er alleine den Andrang nicht mehr bewältigen kann. Zwar weiß der Wirtschaftsstudent, der übrigens selbst Single ist, bisher noch von keinem glücklichen Paar, das sich tatsächlich über die von ihm gegründete „Spotted“-Seite kennengelernt hätte. „Aber es gibt einige, die jetzt zumindest wissen, wer der oder die gesuchte Angebetete ist“, berichtet er. Jedenfalls fände der junge Mann es gut, wenn über seine Seite schließlich doch noch einige Verliebte zueinander kommen. Dann gibt es vielleicht bald mehr Statusmeldungen wie die folgende beim Online-Portal der einsamen Herzen: „Er: Sie hat blondes Haar und das süßeste Lächeln, das ich jemals gesehen habe. Jeden Morgen beginnt mein Herz zu strahlen, wenn ich sie vor dem Hörsaal sehe. Sie sitzt immer neben mir in der Vorlesung und sieht mich mit Augen an, in die man sich nur verlieben kann. Manchmal streifen sich unsere Hände, und mein Puls beginnt augenblicklich zu steigen. Auf einmal geht alles ganz schnell. Sie nimmt meine Hand und gibt mir einen Kuss. Seitdem schlägt mein Herz nur für sie. Die anderen haben irgendeinen Namen für sie. Aber ich nenne sie einfach immer Schatz oder Hübsche. Namen werden sowieso überbewertet. In Liebe.“