Nach dem Fernbusmarkt will Flixbus nun auch den Schienenverkehr beleben: Der Flixtrain macht unter anderem auf der Strecke Stuttgart-Berlin der Bahn Konkurrenz.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart/Berlin - In nur fünf Jahren hat Flixbus mit seinem innovativen Geschäftsmodell, günstigen Fahrkarten und potenten Geldgebern den liberalisierten Fernbus-Markt erobert. Nun schickt das erfolgreiche Start-up-Unternehmen erstmals auch grüne Züge auf die Reise. Der Flixtrain soll zunächst auf den Strecken Stuttgart-Berlin und Hamburg-Köln dem bisherigen Platzhirschen Deutsche Bahn AG Kunden abjagen.

 

Der Staatskonzern DB hat bisher im Fernverkehr auf der Schiene mit seinen ICE-, IC- und EC-Zügen fast eine Alleinstellung. Bisher hatte kein Wettbewerber dauerhaften Erfolg in dieser Sparte, die anders als der Regionalverkehr ohne Subventionen auskommen muss. Der Konkurrent Locomore fuhr mangels Finanzreserven voriges Jahr schon nach kurzer Zeit in die Insolvenz und auch der bisher erfolgreichste Anbieter HKX stellte vorigen Herbst zwischen Köln und Hamburg für mehrere Monate den Betrieb ein.

Tschechischer Partner stellt die Züge

In beiden Fällen sorgte Flixbus mit seiner Vertriebs- und Finanzkraft für den Neustart. Zunächst setzte der Fernbus-Anbieter vorigen Sommer mit dem tschechischen Partner Leo-Express den orangenen Locomore-Zug zwischen Berlin und Stuttgart wieder auf die Schiene. Und zum Jahreswechsel wurde bekannt, dass Flixbus auch den Vertrieb der HKX-Tickets übernimmt. Beides diente offenkundig als Probephase, ob das erfolgreiche Flixbus-Modell für die Schiene taugt und die Kunden bereit sind, statt den Fernbussen auch Züge zu nutzen. Nun sind die Entscheidungen gefallen. „Der Flixtrain kommt“, kündigte Flixbus an. Am 23. März soll der bisherige HKX-Zug erstmals im grellgrünen Flixbus-Design auf der Strecke Hamburg-Essen-Düsseldorf-Köln seine Premierenfahrt starten und am Tag darauf in den Linienbetrieb gehen.

Kommentar: Der Flixtrain ist ein willkommener Wettbewerber

Tickets für die Verbindung soll es ab sofort bereits ab 9,99 Euro auf der neuen Webseite geben (www.flixtrain.de). Flixbus-Mitgründer André Schwämmlein verspricht, dass die Fahrt nicht länger dauern wird als mit dem ICE der DB, wo die günstigsten Sparpreistickets ohne Bahncard-Rabatt knapp 20 Euro kosten. Die Fahrkarten soll es auch per App, in Flixbus-Shops und bei kooperierenden Reisebüros geben.

Ab Mitte April fährt auch der bisher orangene Locomore-Zug umgestaltet in grünem Design als Flixtrain zwischen Stuttgart und Berlin. Diese Verbindung führt vom Neckar über Vaihingen, Heidelberg, Weinheim, Darmstadt, Frankfurt, Hanau, Fulda, Kassel, Hannover, Lehrte und Wolfsburg in die Hauptstadt. Damit verbindet Flixtrain auf Anhieb 28 Städte in fünf Bundesländern. Wie bei den Fernbussen, wo Flixbus den Betrieb von 250 Busunternehmen in ganz Europa erledigen lässt, setzt das Unternehmen im Schienenverkehr auf etablierte Anbieter. Der Flixtrain nach Hamburg wird mit dem Nürnberger Bahnunternehmen Bahn Touristik Express (BTE) betrieben. Zwischen Berlin und Stuttgart wird weiter mit Leo-Express kooperiert.

Bahn reagiert gelassen

Die Deutsche Bahn reagiert betont gelassen auf die neue Konkurrenz. „Wir begrüßen grundsätzlich den Wettbewerb im Schienenverkehr, insbesondere auch im Fernverkehr“, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage. Für den Staatskonzern kommt die Flixbus-Offensive nicht unerwartet. Schon Ende 2015 warnte ein vertrauliches Strategiepapier für den Aufsichtsrat vor den Plänen des aggressiven Fernbus-Konkurrenten, der inzwischen rund 100 Millionen Kunden befördert hat.

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt den neuen Anbieter. „Das ist eine erfreuliche Bereicherung des Bahnangebots für die Reisenden“, sagte der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann dieser Zeitung. Vor allem die enge Verknüpfung der Bus- und Bahnangebote und deren gemeinsamer Vertrieb sei für Kunden ein Vorteil. Die DB verfolge mit dem IC-Bus eine ähnliche Strategie.

Der Staatskonzern hat sein Fernbusangebot allerdings erheblich eingeschränkt. Andere Anbieter wie der Postbus gaben sogar ganz auf, weil Flixbus immer größere Marktanteile eroberte. Mittlerweile bietet der Marktführer täglich rund 250 000 Verbindungen zu 1400 Zielen in 26 Ländern an.