Er ist mehr als der Sohn von: Florian Dauner trommelt seit bald 25 Jahren bei den Fantastischen Vier und ist jetzt wieder bei „The Voice Of Germany“ dabei. Ein Treffen mit einem Vielbeschäftigten.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Stuttgart - Schon wieder klingelt sein Handy. Und das am Montagmittag. „Da ist das normal“, sagt Florian Dauner, den alle nur Flo nennen. „Die Büros sind wieder besetzt, Termine müssen abgestimmt werden.“ Er ist für ein paar Tage wieder in Stuttgart. Hier in der Nähe des Marienplatzes hat er 15 Jahre gelebt. Jetzt wohnt er nach zweieinhalb Jahren in Köln im Stuttgarter Osten.

 

Dabei ist es für einen Musiker, der überall auf der Welt tourt, fast egal, wo er lebt. Die meiste Zeit im Jahr ist er sowieso unterwegs. Aber in Stuttgart, da ist seine Familie, seine Mutter lebt in Degerloch, sein Vater ist der bekannte Jazzpianist Wolfgang Dauner, mit dem er auch zusammenarbeitet.

Flo Dauners Arbeit ist die Musik, das Schlagzeugspielen seine erste Liebe. Vergleichsweise unromantisch ist die Büroarbeit, das Koordinieren von Terminen. „Ich bin meine eigene Bürovollzeitkraft“, sagt Dauner. Zig Mails trudeln täglich ein, und manchmal bleibt wenig Zeit für ihre Beantwortung. Etwa dann, wenn er wie vor Kurzem zehn Tage am Stück in Berlin für die Aufnahmen von „The Voice of Germany“ weilt und der Arbeitstag hinterm Schlagzeug zehn Stunden beträgt.

Eine Tour für 2019 ist schon geplant

Dauner kann sich nicht beklagen. Und tut es auch nicht. Viele Jobs sind für einen selbstständigen Musiker ein Glücksfall. Schon jetzt weiß er, dass er im Frühjahr 2019 eine Tour mit dem Ambient-Pop-Projekt Schiller spielen wird. Die Fantastischen Vier werden im Sommer 2018 unter anderem bei den Jazz Open auf dem Schlossplatz auftreten. Eine neue Platte der Vier ist gerade im Entstehen. Eine Tour wird folgen. So sind die Gezeiten im Popzirkus. Im Sommer war Flo Dauner in der Eifel bei Thomas D, um neue Songs einzuspielen. So viel kann er schon verraten: „Das geht gut voran.“

Bei ihm selbst geht es auch stets gut voran. Sein Terminplan ist voll. „Es passieren aber auch immer wieder unvorhergesehene Dinge. Sachen werden abgesagt, die ein Jahr im Voraus geplant waren“, so Dauner. Manchmal weiß er auch nicht, was kommenden Monat ansteht. Sicher ist im Moment, dass er in den nächsten Tagen ein paar Konzerte mit dem Jazzer Jeff Cascaro gibt, mit dem Dauner schon einige Jahre zusammenarbeitet. „Ein Herzensprojekt“, wie er sagt. Davon hat er viele.

Der 46-Jährige ist gerne unterwegs. Ihn reizt das Unbekannte, stilistisch lässt er sich nicht einschränken. Sagte doch sein Vater immer: „Es gibt nur gute und schlechte Musik.“ Die Dauners kennen beide kein Schubladendenken. „Manche haben komische Dogmen im Kopf“, sagt Dauner junior. Er kenne das nicht, dass Jazzmusiker kein Rock spielen könnten. Dass Popmusik irgendwie schlechter sei.

Dauner geht es ums Livespielen, um die Momente, die es nur auf der Bühne gibt

Mit wie vielen Künstlern Flo Dauner schon im Studio oder auf Tour war, kann er selbst nicht mehr genau sagen: Es dürften weit mehr als 200 sein. Er war musikalischer Direktor bei Schiller, spielte mit DJ Paul van Dyk im Central Park in New York, war mit Sarah Brightman für 100 Shows auf einer Welttournee, dann ist da sein festes Engagement bei den Fantastischen Vier seit fast 25 Jahren, und es gibt seine eigenen Projekte. Dauner geht es ums Livespielen, um die Momente, die es nur auf der Bühne gibt. Nur das Terrain des Schlagers will er nicht betreten. „Es braucht musikalisch einen gewissen Reiz“, sagt er.

Seit sieben Staffeln ist er als Schlagzeuger in der Band des Castingformats „The Voice of Germany“, das ab diesen Donnerstag wieder auf Sat 1 und Pro Sieben zu sehen ist. Davor war er auch bei „Deutschland sucht den Superstar“ dabei. „Da war nicht viel musikalischer Freiraum“, sagt Dauner. „Und erst mal wollte ich auch kein Fernsehen mehr machen.“ Doch sein Freund Lillo Scrimali bekam das Angebot für „The Voice“, und Dauner machte mit. „Es macht immer noch Spaß. Man kann die Songs variabel umsetzen“, so Dauner.

Das Spielen, das Kreative, das ist es, was ihn antreibt. Dass er Musiker wurde, war natürlich naheliegend – bei dem Vater. Seit sich Flo erinnern kann, ist Musik ein großer Teil seines Lebens. „Das mit dem Schlagzeug, das war es einfach“, sagt er, der in Tonstudios, in der Kantine des damaligen Süddeutschen Rundfunks, auf Bühnen aufgewachsen ist. Wenn sein Vater ein Konzert gab, wollte der Steppke nicht alleine in der Garderobe warten, sondern verbrachte die Zeit unter dem Flügel, während der Papa spielte. Ein Konzert des United Jazz & Rock Ensembles im Alten Schützenhaus in Stuttgart war der entscheidende Moment für den kleinen Flo: Den ganzen Abend, unterm Flügel hockend, beobachtet er den famosen Schlagzeuger Jon Hiseman. Danach war klar: Das Schlagzeug ist sein Instrument. Flo war damals sechs Jahre alt. Er bekam eine Trommel, dann ein Becken, Stück für Stück komplettierte sich das Schlagzeugset. Er nimmt Unterricht und wird vertraut mit dem Jazz, der den meisten Kindern völlig fremd ist. Sein Vater veranstaltet Happenings, experimentiert mit Sounds. Der Sohn spielt sehr gut Fußball (Torwart), dann Tennis. Das Schlagzeug aber war immer da. Wenn ihn Leute gefragt haben, was er mal werden will, antwortete Klein-Flo: „Ich bin Schlagzeuger.“

Aufgewachsen in den 80er Jahren, wurde er mit der Neuen-Deutschen-Welle sozialisiert

Natürlich träumte er vom Livekonzert, vom Applaus und von großen Stadion-Shows. Aufgewachsen in den 80er Jahren, wurde er mit der Neuen-Deutschen-Welle sozialisiert. „Es gab immer zwei Welten. Die Pop- und Rockmusik, aber eben auch den Jazz“, so Dauner. Und es gab Phil Collins, natürlich. Einer, der Schlagzeug spielt und Frontmann ist. „Er hat dem Schlagzeug mehr Raum gegeben“, erinnert Dauner.

Die Musik war immer das Wichtigste - und der Sport. „Sonst war ich in der Schule durchschnittlich“, sagt Flo. Nach der elften Klasse verließ er die Schule und versuchte, auf eigenen Beinen stehen. Dauner ging nach Berlin, hatte einen Plattenvertrag bei der Firma des Fotografen und Nena-Entdeckers Jim Rakete und große Pläne. Daraus wurde nichts. Dauner ging zum Studieren nach Amerika ans Berklee College of Music in Boston.

Währenddessen gab es vier Jungs in Stuttgart, die mit sogenannter Hip-Hop-Musik erste Erfolge feierten. Sprechgesang auf Deutsch war neu – doch wie sollte man das live umsetzen? 1993 spielten die Stereo MCs als Vorgruppe von U2 auf dem Cannstatter Wasen. Dauner war dort, Andreas „Bär“ Läsker, Manager der Fantastischen Vier ebenso. Auf der Bühne hatten die Stereo MCs zu ihrer Rapmusik einen Schlagzeuger dabei. Manager Bär wollte das auch für die Fantastischen Vier. Dauner kam zum Vorspielen ins Studio, man verstand sich. So kam er zu den Fantastischen Vier und so wurde aus den Rappern mit DJ eine „richtige“ Band. „Wir haben etwas gemacht, was es so noch nicht gab“, blickt Dauner zurück. „Das war eine gute Schule.“ Und seine Jazz-Historie half Dauner bei der Improvisation. „Es gab keine Formel, wie Schlagzeug und Hip-Hop funktionieren. Da konnte ich mich wirklich ausleben und eine erfinden“, so Dauner. Die Live-band, in der heute sechs feste Musiker sind, wurde mit den Jahren ausgebaut.

2014 erschien dann endlich das Album mit seinem Vater

Und da ist natürlich die Arbeit mit seinem Vater. 2014 erschien endlich ein gemeinsames Album mit dem Titel „Dauner // Dauner“. Eine Platte, die schon vor dreißig Jahren geplant war. Aber stets kam etwas bei den Vielbeschäftigten dazwischen. Das Duo Dauner-Dauner gibt es seit 40 Jahren, seit Flo unterm Flügel hockte und Schlagzeuger werden wollte. „Wir genießen das beide, wenn wir zusammen Musik machen“, sagt Flo. Natürlich ist er auch immer der „Sohn von“. „Es gab Zeiten, in denen es mich genervt hat. In denen ich als eigenständige Person wahrgenommen werden wollte“, sagt Flo. Heute sei das anders: „Ich bin stolz darauf. Ohne meinen Vater wäre ich ja nicht dort, wo ich jetzt bin.“ Und manchmal dreht sich das auch um, wenn Wolfgang Dauner etwa am Flughafen angesprochen wird: „Sie sind doch der Vater von Flo Dauner.“