Beim großen, atmosphärischen Altstadtflohmarkt wechselt allerlei Kurioses den Besitzer.

Leonberg - Portobello Road Market in London, Porte de Clignancourt in Paris, El Castro in Madrid – alles nichts gegen den Altstadtflohmarkt in Leonberg bei Kaiserwetter. Nicht zu heiß, ein wenig Wind und ganz viel allerbeste Laune. Hier und dort schon mal ein Sektchen und vor allem: stöbern, stöbern, stöbern. Ein wenig Lust zum Handeln sollte man schon mitbringen, noch besser ist Geschick dazu. Sammelleidenschaft und Jagdeifer kommen hier zusammen, die Freude am Krempelmarkt ist weitaus älter als es gewisse Kultsendungen gibt, in denen gelegentlich Raritäten gegen Bargeld eingetauscht werden. Das Suchen, Hoffen, Sichten, Vergleichen, die Überraschung, Freude und natürlich ganz viel Plaudern ergeben das Kribbeln, warum man auf den Flohmarkt geht.

 

Auf der Suche nach Überraschungen

Sabine Stecker aus Ditzingen liebt es jedenfalls. „Ich suche nichts Bestimmtes, ich lasse mich überraschen. Und bringe, zum Leidwesen meines Mannes, auch jedes Mal nicht nur ein Stück nach Hause.“ Das manchmal, nach einigen Jahren, dann wieder auf einem anderen Flohmarkt verkauft werde, setzt sie noch hinzu.

Wie vielleicht die High Heels mit 20 Zentimeter langen Absätzen, die neben den selbst genähten Kleidungsstücken und Taschen von Birgit Birken hängen. Auf dem Tapeziertisch liegen außerdem noch Adventsbücher, Waffeleisen und Modeschmuck, ein paar CDs. Die selbstbewusste Norddeutsche, die mit ihrem schwäbischen Mann hier tatkräftig verkauft, ist angenehm überrascht. „Wir sind zufrieden“, bekräftigt sie am frühen Nachmittag, als allmählich drückende Wolken den Himmel beziehen.

Die Laune bleibt gut

Von Seiten der Organisatoren wird aber auch missbilligend erwähnt, dass direkt am Marktplatz wohnende Querulanten ihnen versuchen, das Leben schwer zu machen. „Gewerbetreibende wurden gleich von Angang, schon beim Aufbau am Freitagabend, misstrauisch beäugt“, erzählt ein Händler, der anonym bleiben möchte. Doch das kann weder die gut gelaunten Besucher noch die motivierten Anbieter von Teddybären, Puppenbuggies, Filmrollen, Tonnen von Kleidung, Operngläsern, antikem Glas und Porzellan, Strandzubehör, Pelzjacken neben aromatischen Ölen oder Wurzelgnomen davon abhalten, hier ganz viel Spaß zu haben.

Im wunderbaren Fachwerkambiente bieten professionelle Händler bis hin zum Hausentrümpler nicht nur auf dem Marktplatz ihre Ware feil, sondern auch in den Gassen hin zum Spitalhof und zur evangelischen Stadtkirche.

Viele Jugendliche und Kinder sind dabei. Ein 13-Jähriger aus Eltingen verrät: „Ich hab‘ hier Legos von meinem 23-jährigen Cousin. Er wollte mir sicher einen Gefallen tun. Aber mich interessiert keine Legotechnik aus dem Jahr meiner Geburt. Ich hau’s jetzt weg.“ Ob die bisherigen Erlöse für ein neues Smartphone reichen, will er allerdings nicht verraten.

Gemütliches Kaffeepäuschen

Im Café sitzen Leute bei Latte macchiato und Mineralwasser. „Wir brauchen eine Pause“, sagt eine leicht erschöpfte Dame aus Warmbronn, während der Gatte mit der Spiegelreflexkamera auf dem Marktplatz herumturnt. Mit „wir“ war wohl eher sie gemeint. „Mein Mann meint, es gibt heute besonders tolle Motive in Leonberg, er ist eben Hobbyfotograf“, sagt sie lächelnd und lässt ihn springen.

Gewittrige Luft drückt immer mehr, die Outfits werden immer gewagter. Luigi, dem Kellner des Cafés gefällt das alles. „Fast ein bisschen wie in Italien“, sagt er. Dolce Vita mitten in Schwaben!

Zum Schluss haben alle klaglos ihre Stände wieder zusammengepackt – mit weniger Kruscht und mehr Münzen in der Kasse als vor dem Flohmarkt.

Denn, wer weiß: Vielleicht erhöht der Herrgott Luigis Wunsch und solche bunten Ereignisse finden doch deutlich häufiger statt.