Frauen finden ihn sexy. Der Schauspieler Florian David Fitz hat das Sonnyboy-Image aber gar nicht nötig. Vielmehr nimmt er sich schauspielerische Herausforderungen vor. In seinem aktuellen Film spielt er Jesus als Mann.

Berlin - Jesus hat sein Flugzeug verpasst. Dennoch schafft er es beinahe pünktlich zum Interview. Alles andere hätte einen auch gewundert. Der Mann kann schließlich über Wasser laufen. Das hat Florian David Fitz gerade in seiner neuen Kino-Komödie demonstriert. Sie heißt „Jesus liebt mich“, und der Lange in der Lederjacke, der jetzt ein wenig atemlos in den Soho-Club in Berlin-Mitte platzt, spielt darin nicht nur den Jesus, er hat auch das Buch geschrieben und Regie geführt.

 

Ausgerechnet Jesus. „Ja“, sagt Fitz, „ich habe auch zuerst gelacht, als mir die Rolle angeboten wurde.“ Der Erlöser. Ein Mann ohne Unterleib, ein körperloses Wesen. Zu selbstlos, um irdisch zu sein.

Den Durchbruch feierte er mit „Doctor’s Diary“

Es ist nicht die erste Rolle, die einem zu einem Schauspieler einfällt, der schon als Berufsanfänger den renommierten Grimme-Preis gewonnen hatte, bevor er den kommerziellen Durchbruch 2008 in der Rolle als charmanter, aber fieser Oberarzt in der RTL-Serie „Doctor‘s Diary“ schaffte. Seither gilt er als Frauenliebling und Sexsymbol. 38 Jahre alt, 1,86 Meter groß, ein Körper wie Michelangelos David, zart schmelzender Blick, gewinnendes Lächeln.

Fitz ist er wandelbarer, als es sein Image suggeriert. Sogar der Jesus passt ihm wie eine zweite Haut. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Bestseller des Drehbuchautors David Safier. Jesus ist auf die Erde zurückgekehrt, um eine Mission zu erfüllen. Dabei begegnet er zufällig Marie (Jessica Schwarz). Chaotisch, lebenslustig, burschikos. Sie ist ganz anders als er, genau das zieht ihn an. Der Heiland entdeckt: Er ist auch nur ein Mann. Doch wie erweckt man so eine Figur zum Leben? Florian David Fitz murmelt was von einer liebevollen Aura, die er aus sich selbst geschöpft habe. Man ahnt: Es war eine schwere, wenn nicht unlösbare Aufgabe.

„Triff dich immer in der Mitte mit einer Rolle“

Fitz stellt hohe Ansprüche an sich. Er hat sein Handwerk an einer Schauspielschule in Boston gelernt. Er sagt, er habe sich da so „durchgewurschtelt“. Nach vier Jahren habe er immer noch nicht gewusst, ob es das war, was er wirklich wollte. Erst eine Schauspiellehrerin von der Otto-Falckenberg-Schule habe ihm geholfen, Blockaden zu lösen, um die eigenen Erfahrungen für die Arbeit zu nutzen. „Du triffst dich immer in der Mitte mit einer Rolle“, hat sie gesagt. Es war Fitz’ wichtigste Lektion.

Der Regisseur Martin Weinhart war einer der ersten, die Florian David Fitz fürs Fernsehen gecastet haben. Das war 2000. Der Regisseur suchte einen Hauptdarsteller für den RTL-Thriller „Das Psycho-Girl“: einen hübschen Jungen, der von einer Stalkerin terrorisiert wird. Weinhart sagt heute, Fitz sei ihm sofort aufgefallen. Noch mehr als seine Ausstrahlung habe ihn sein Perfektionismus beeindruckt. „Er bereitet sich zwar intensiv auf die Rolle vor, zeigt aber nur 20 bis 30 Prozent.“ Der Zuschauer spüre aber, dass da mehr sei. „So gibt er jeder Figur ein Geheimnis.“

Jesus begehrt Marie. Aber kauft man ihm das ab?

Das hat Fitz auch mit Jesus gemacht. Den Messias umgibt ein unsichtbarer Heiligenschein. Das ist die Stärke dieser Komödie und zugleich ihre Schwäche. Jesus ist präsent und doch weit weg. Man kauft ihm nicht ab, dass er für Marie entflammt.

„Wirklich?“ Florian David Fitz reagiert erschrocken, wenn man ihn darauf anspricht. Er sagt, er habe lange mit sich gerungen, ob er sich auf dieses Experiment einlassen sollte. Es sei „der Nico“ gewesen, der ihn ermutigt habe, über seinen Schatten zu springen. Der Nico heißt mit Nachnamen Hofmann und ist Chef der Firma Teamworxx. Deutschlands bekanntester Filmproduzent. Er bot ihm an, das Drehbuch zu schreiben und auch selbst die Regie zu übernehmen.

Viele Gerüchte, wenig Offizielles

So eine Chance bekommt man einmal im Leben. Florian David Fitz erzählt eher beiläufig davon. Mit seinen Referenzen hausieren zu gehen, käme ihm nicht in den Sinn. Überhaupt ist er auffallend zugeknöpft, sobald es um sein Privatleben geht. Einige Verhältnisse wurden ihm schon einige angedichtet, zum Beispiel mit der „Tatort“-Kommissarin Sibel Kekilli. Glaubt man der Klatschpresse, darf mit dem ersten Kind des Paars bald gerechnet werden.

Florian David Fitz lacht, wenn man ihn darauf anspricht. So tickten sie eben, die Boulevardreporter. Was die Magazine schreiben, sei das eine. Sein Job das andere. Fitz hat früher als andere erkannt, dass sein Image als Sonnyboy nicht ewig trägt: „Ich musste beweisen, dass ich mehr als nur ein Gesicht bin.“ Er sitzt vor einem Teller Porridge. Der Haferschleim ist kalt geworden über dem Gespräch, Fitz ist ein zugewandter Interviewpartner. Jetzt schenkt er Mineralwasser ein, erst dem Gegenüber, dann sich selbst. So hat er es in dem Hotel gelernt, das seine Eltern in München betreiben. Er sagt, er sei ein eigenbrötlerisches Kind gewesen. Er malte. Er spielte Klavier und Theater.

Seine Eltern betreiben ein Hotel

Der Fitz-Clan hat schon andere Talente hervorgebracht. Die Kabarettistin Lisa ist seine Cousine, der Schauspieler Michael sein Cousin. Das erklärt, warum die Eltern seine künstlerischen Ambitionen förderten. Fitz sagt, sie hätten ihn auch gelehrt, „dass sich Geld nicht von allein verdient“. Schon als 14-Jähriger jobbt er in der Gastronomie. Eine gute Schule. Vielleicht ist es dieses Vertrauen in die eigene Flexibilität, das ihn davor bewahrt, beliebig zu werden bei der Auswahl seiner Hauptrollen.

Klar, sagt er, sein Image als Traum aller Schwiegermütter habe ihm Türen geöffnet – manchmal auch die falschen. Dass man ihn als Frauenversteher und Lover besetzen konnte, hatte er schon als Bräutigam in der Grimmepreis-gekrönten TV-Komödie „Meine verrückte türkische Hochzeit“ bewiesen. Dass er auch ganz anders konnte, erfuhr man jedoch erst, als er sich mit der Figur eines Jungen mit Tourette-Syndrom seine eigene Hauptrolle schuf: „Vincent will Meer“. Der sensible Roadmovie erzählt von der Reise eines behinderten Jungen zu sich selbst. Fitz schrieb das Drehbuch. Er suchte eine Filmfirma und kümmerte sich um die Förderung. Als er endlich drehen durfte, schien er vor Spielfreude beinahe zu platzen. Sein Vincent leidet unter nervösen Zuckungen. Unter Stress rutschen ihm obszöne Ausdrücke über die Lippen. Der simulierte Kontrollverlust, er stand ihm gut. Florian David Fitz gewann den Bambi als bester deutscher Schauspieler für die Rolle.

Der Single Niklas, Carl Friedrich Gauß – und jetzt Jesus

Seither läuft es rund. Nach dem Single Niklas in der Kinokomödie „Männerherzen“ hat er den Mathematiker Carl Friedrich Gauß gespielt in der Verfilmung von Daniel Kehlmannes Bestseller „Die Vermessung der Welt“. Und jetzt Jesus.

Eigentlich ist Jesus auf die Erde zurückgekommen, um die Menschheit schonend auf die Apokalypse vorzubereiten. Doch im Bund mit dem Teufel (Nicholas Ofczarek) durchkreuzt Marie seinen Plan. Weil sich Jesus in sie verliebt, geht die Sache schief. Glück für die Menschen, Pech für Jesus. „Scheiße“, rutscht es dem Propheten heraus und Marie jubelt. Endlich benimmt er sich wie ein richtiger Kerl. Endlich trifft sich der Darsteller mit Jesus in der Mitte. Gerade noch die Kurve gekriegt.