Jedes einzelne Beispiel für gelungene Integration kann Flüchtlinge zur Nachahmung ermutigen. Entscheidend ist jedoch, ob das auch noch funktioniert, wenn es nichts mehr Besonderes ist, meint StZ-Redakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - In dieser Woche sind sechs Flüchtlingsfamilien in ein Flugzeug gestiegen, das sie von Athen nach Luxemburg brachte. Mit dieser Aktion, bei der sich eine Menge Politprominenz publikumswirksam vor die Kameras schob, ist ein EU-weites Umsiedlungsprogramm in Griechenland gestartet. Diesen 30 Personen und den 86, die seit Oktober aus Italien ausgeflogen wurden, sollen 159 884 weitere folgen. Angesichts dieser Dimension wirken die ersten Schritte geradezu mikroskopisch klein. Es ist kaum vorstellbar, dass es rasch und geräuschlos gelingt, diese riesige Menschenmenge quer durch Europa zu verteilen – noch dazu, wo völlig ungewiss ist, ob die Flüchtlinge in ihrem Zielland willkommen sind oder dort überhaupt hinwollen.

 

Ganz ähnlich verhält es sich mit der Integration von Flüchtlingen in Deutschland. Auch hier ist bereits die Rede von mehreren Hunderttausend Menschen, die demnächst auf den Arbeitsmarkt drängen oder in die Grundsicherung fallen werden. Doch wirklich (be-)greifbar ist das ganze Ausmaß noch nicht. Das liegt vor allem daran, dass es momentan wichtigere Dinge für die Zuwanderer gibt, als sich um einen Arbeitsplatz oder eine Lehrstelle zu bemühen: zunächst müssen sie einen Aufenthaltsstatus erlangen, eine Wohnung finden und Deutsch lernen. Es ist jedoch nur noch eine Frage von Monaten, bis der Broterwerb eine zentrale Rolle in ihrem Leben einnimmt.

Die deutsche Wirtschaft heißt die Flüchtlinge Willkommen

Da ist es beruhigend, dass den Neuankömmlingen von Seiten der deutschen Wirtschaft folgende Botschaft entgegenhalt: „Ihr werdet gebraucht! Wenn ihr bereit seid, euch anzustrengen, dann sind wir es auch. Am Ende profitieren alle.“ Es gibt sie schon, die positiven Beispiele, auch wenn es vor allem Einzelfälle sind. In dieser Phase fungiert jeder gelungen integrierte Flüchtling als Vorbild für andere. Junge Menschen wie der Eritreer Tedros Gebru sind der Beweis dafür, dass Integration über Arbeit gelingen kann.

Die entscheidende Frage, sowohl bei der Umsiedlung als auch bei der Integration in Arbeit, ist: Funktioniert es auch noch, wenn es nichts mehr Außergewöhnliches ist? So ermutigend mancher kleine Schritt auch sein mag, es müssen erst noch unzählige weitere folgen. Dann sind irgendwann keine Vorbilder mehr nötig.