Österreich will notfalls den Brenner dicht machen. Und Italien will vor allem die Arbeit der Flüchtlingsretter einschränken. Jeder macht gerade, was er will – mit nur einem Ziel: das Flüchtlingselend aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu verdrängen, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es war nicht so gemeint. Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) schwächt Aussagen seines Verteidigungsministers ab, wonach Soldaten in Panzern den Brenner sichern sollen, um Flüchtlinge abzuhalten. Wien hat sich offenkundig über die Empörung in Rom gewundert und rüstet wieder ab. Erledigt ist der „Notfallplan“ damit keineswegs. Denn auch Außenminister Sebastian Kurz ist offen für massive Grenzkontrollen, und der neue ÖVP-Chef wird womöglich der künftige starke Mann der Alpenrepublik.

 

Auf Druck auch aus Berlin

Italiens Regierung erregt sich zu Recht. Deutlicher kann das Signal des Nachbarn kaum sein, dass sie mit der Flüchtlingskrise allein fertig werden soll. Fakt ist: Die Mittelmeerroute von Libyen lässt sich nicht schließen. Zu viele Menschen sind bereit, ihr Leben zu riskieren. Im Kreuzfeuer der Italiener stehen nun die Menschenrechtler, denen sie – bedrängt auch von Deutschland – das Rettungsgeschäft erschweren wollen. Derweil will die EU die libysche Küstenwache stärker unterstützen, um das Schlepperunwesen einzudämmen – trotz dubioser Verbindungen zwischen beiden Seiten. So folgt ein aktionistischer Alleingang nach dem anderen, um neue Flüchtlinge so weit fernzuhalten, dass ihr Elend zu Wasser und zu Land aus dem Blickfeld der europäischen Öffentlichkeit verschwindet. Dies wird nicht gelingen.