Europa fragt sich, wo die Flüchtlinge aus Nordafrika untergebracht werden können. Deutschland kündigt verstärkte Grenzkontrollen an.

Luxemburg/Rom - Mit verschärften Grenzkontrollen will Deutschland die Einwanderung nordafrikanischer Flüchtlinge eindämmen. „Wir werden situationsangepasst unsere Kontrollen verstärken“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Montag beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg.

 

Wegen des Flüchtlingsstroms aus Tunesien sieht Friedrich zunächst Italien in der Pflicht, das mit der Mittelmeerinsel Lampedusa erste Anlaufstelle der Menschen aus Nordafrika ist. „Es kann nicht im Sinne Europas sein, dass wir jetzt gezwungen werden, neue Kontrollen einzuführen. Sondern wir hoffen, dass die Italiener ihre Aufgaben erfüllen in dem Zusammenhang.“ Heftigen Streit hatte die Ankündigung der Regierung in Rom ausgelöst, Flüchtlingen befristete Aufenthaltsgenehmigungen geben zu wollen, mit denen sie auch in andere EU-Staaten einreisen könnten.

Nach Angaben des italienischen Innenministeriums wurden bislang aber noch keine der umstrittenen Sonderpapiere vergeben. Die Visa im Kreditkartenformat befänden sich noch in der Fertigung, sagte ein Sprecher der dpa. Weil es im Schengen-Raum keine Grenzkontrollen mehr gibt, befürchtet vor allem Frankreich einen Flüchtlingszustrom - die meisten Migranten aus Nordafrika sprechen Französisch oder haben schon Verwandte oder Freunde in dem Land.

Bislang keine Massenflucht nach Europa

Von einer Massenflucht nordafrikanischer Flüchtlinge nach Europa kann nach Einschätzung der EU bislang keine Rede sein. Somit gebe es noch keinen Anlass, eine europäische Richtlinie zu aktivieren, um Flüchtlinge auf andere europäische Länder zu verteilen. „An diesem Punkt sind wir noch nicht“, sagte die für Flüchtlingsfragen zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström. „Man kann auch solidarisch sein, ohne Regeln zu haben.“

Aus Sicht von Friedrich muss die Regierung in Rom mit Tunesien über eine Rücknahme der Flüchtlinge verhandeln. Wenn Italien bei den Verhandlungen nicht weiterkomme, werde sich die EU solidarisch zeigen, sagte der Innenminister im „Deutschlandradio Kultur“. Mindestens 22 000 Flüchtlinge sind seit Beginn der politischen Unruhen in Nordafrika im Januar allein auf Lampedusa angekommen. Die meisten von ihnen stammen aus Tunesien.