Deutschland nimmt derzeit die meisten Flüchtlinge auf. Eine Quote soll nun zu einer gleichmäßigeren Verteilung ­führen – vorausgesetzt, Italien registriert künftig die dort anlandenden Flüchtlinge ordnungsgemäß.

Der Bundesinnenminister hat eine klare Botschaft mit nach Luxemburg gebracht. „So wie die Lage ist, kann es nicht weitergehen“, sagte Thomas de Maizière vor dem Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen am Donnerstag. Ihn stört, dass Deutschland im vergangenen Jahr mit 126 995 gut 29 Prozent aller Asylbewerber in den EU-Staaten aufnahm. Überhaupt sind die Lasten ungleich verteilt: Nur fünf Staaten – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich und Schweden – nehmen drei Viertel aller Flüchtlinge auf. „Die Hälfte der Länder nimmt gar keine Migranten“, kritisiert auch EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Gemessen an der Einwohnerzahl steht Deutschland freilich nur an sechster Stelle.

 

In dieser Situation unterstützt die Bundesregierung nun die langjährige Forderung von Menschenrechtsgruppen, über eine Quote für eine gleichmäßigere Verteilung zu sorgen. „Es ist das Eingeständnis, dass Dublin gescheitert ist“, sagt Karl Kopp von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Die sogenannten Dublin-Regeln sehen vor, dass dasjenige Land für einen Asylantrag zuständig ist, in dem ein Flüchtling EU-Territorium betritt. In der Praxis aber schickt etwa Italien die Ankömmlinge unregistriert weiter. Während Deutschland als Land ohne EU-Außengrenze lang von dem System profitiert habe, gehe es beim Ruf nach einem Verteilungsschlüssel nun nicht um Entlastung der Mittelmeeranrainer, sondern darum, so Kopp, „selbst weniger Flüchtlinge aufzunehmen“. Tatsächlich läge Deutschland bei allen diskutierten Schlüsseln derzeit bei einem Anteil von unter 20 Prozent.

An Gesetzen will de Maizière indes nicht rütteln, die Verteilung soll „freiwillig und zeitlich begrenzt“ erfolgen – vorausgesetzt, Italien registriert die Flüchtlinge ordnungsgemäß. „Das ist nicht zu viel verlangt“, so der Innenminister, dessen Vorschlag zu einem offiziellen, wenn auch freiwilligen EU-Beschluss wurde. Dafür will er Beamte und Geräte zum Scannen der Fingerabdrücke zur Verfügung stellen. Im Gespräch sind auch Hubschrauber für die Operation „Triton“ der EU-Grenzschutzagentur Frontex, die einem Strategiepapier zufolge mittelfristig den italienischen Seerettungseinsatz „Mare Nostrum“ ablösen soll. „,Mare Nostrum‘ war als Nothilfe gedacht“, so de Maizière, habe sich aber als „Brücke“ erwiesen: Diese erhöhe die Aussicht, Europa zu erreichen, und beschere den Schlepperban hohe Einnahmen.

Pro Asyl nannte den Ministerbeschluss „niederschmetternd“, da Frontex nicht in internationalen Gewässern nach havarierten Bootsflüchtlingen suche und stärker auf deren Abwehr ausgerichtet sei: „Es werden noch mehr Menschen im Mittelmeer sterben.“ Verhindern wollen die Minister dies dadurch, dass mehr Geld für Frontex bereitgestellt und stärker auf die Transitländer in Nordafrika und Nahost eingewirkt wird, damit diese entschiedener gegen die Schlepper vorgehen. Ein humanitärer Lichtblick ist dagegen eine Initiative Österreichs, die darauf abzielt, das „Resettlement“ stärker zu nutzen. Dabei würde das UN-Flüchtlingshilfswerk vor Ort, etwa in einem syrischen Flüchtlingslager, besonders Schutzbedürftige ausmachen. Diese würden dann nach Europa ausgeflogen.

Im November findet eine Konferenz statt, bei der die EU-Staaten bestimmte Flüchtlingskontingente zusagen können. Auf eine verpflichtende Aufnahme wollten sich die Minister nicht einigen.

Luxemburg -