Mangels Alternativen hat der Kreis Ludwigsburg vor fast einem Jahr drei Sporthallen in Flüchtlingsheime umgewidmet, die Entscheidung war umstritten. Weil anderswo nun neue Gemeinschaftsunterkünfte entstanden sind, können die Hallen bald wieder geräumt werden.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Kreis Ludwigsburg - Das Ludwigsburger Landratsamt plant, die umstrittene Unterbringung von Flüchtlingen in Sporthallen zu beenden. Das hat der Kreissprecher Andreas Fritz jetzt auf Nachfrage unserer Zeitung mitgeteilt. Demnach sei vorgesehen, am „Ende des Jahres mit den Räumungen“ der drei Hallen zu beginnen, ein konkretes Datum gebe es noch nicht. Das Ludwigsburger Rathaus begrüßt die Entscheidung. „Die Unterbringung in Sporthallen birgt Konfliktpotenzial, weil eine Privatsphäre kaum möglich ist“, sagt der Sprecher Peter Spear. „Es ist aber auch schwierig für Schulen und Vereine, weil deren Möglichkeiten eingeschränkt sind.“

 

Vor fast einem Jahr hat der Landkreis die Turnhallen umgewidmet. Betroffen sind das Berufsschulzentrum Bietigheim-Bissingen, wo derzeit 96 Flüchtlinge leben, sowie in Ludwigsburg die Carl-Schäfer-Schule mit 56 und das Schulzentrum am Römerhügel mit 153 Flüchtlingen. Voll belegt sind die drei Hallen damit schon jetzt nicht mehr, was daran liegt, dass in den vergangenen Monaten in erheblichem Umfang anderswo Kapazitäten aufgebaut wurden. 162 Gemeinschaftsunterkünfte mit aktuell 4150 Bewohnern gibt es mittlerweile im Kreis. Wurden im Jahr 2015 zirka 3800 Flüchtlinge aufgenommen, wird diese Zahl in diesem Jahr nur leicht sinken. Denn weil der Kreis in der Vergangenheit zeitweise zu wenige Flüchtlinge aufgenommen hatte, muss er noch die sogenannte Rückstandsquote abbauen, und das bedeutet: Er bekommt auch bis auf Weiteres 200 Personen pro Monat zugewiesen, obwohl in Deutschland deutlich weniger Asylbewerber ankommen, seit die Balkanroute dicht ist.

Bei den Flüchtlingen sind die Sporthallen extrem unbeliebt

Nicht nur für die betroffenen Vereine und Schüler, auch für die Flüchtlinge selbst ist die angekündigte Räumung der Turnhallen eine gute Nachricht, denn diese sind außerordentlich unbeliebt. Aus guten Gründen. „Da ist es sehr laut, es gibt kaum Privatsphäre und es leben zu viele Menschen auf engstem Raum“, erzählt Ulrich Essig-Haile aus dem Leitungsteam des Arbeitskreises Asyl in Ludwigsburg. Manche wohnen seit fast einem Jahr unter diesen Bedingungen und würden daher, so Essig-Haile, auch auf eigene Faust versuchen, eine andere Bleibe zu finden.

Die Chance, dass dies gelingt, tendiert indes gen Null. Grundsätzlich gilt, dass Asylbewerber für die Dauer des Asylverfahrens in Gemeinschaftsunterkünften bleiben müssen. Selbst wenn jemand bezahlbaren Wohnraum findet, darf er nicht umziehen. Das Gesetz wird von vielen Experten kritisiert, denn die Folge ist, dass die viel beschworene Integration in dieser Zeit nahezu unmöglich wird.

Auch in anderen Landkreisen entspannt sich die Situation wieder

Erst nach dem Asylverfahren dürfen die Flüchtlinge ausziehen. Die Verantwortung für ihre Unterbringung liegt dann nicht mehr beim Landkreis, sondern bei den Kommunen, und die setzen überwiegend auf dezentrale Lösungen, also auf kleinere Einheiten an mehreren Standorten. Auch die Stadt Ludwigsburg verfolgt diese Strategie, konnte sich aber nicht dagegen wehren, dass der Kreis Sporthallen umwidmet – schließlich hat das Landratsamt stets selbst betont, für wie ungünstig es diese Form der Unterbringung halte. „Aber es geht einfach nicht mehr anders“, sagte der Landrat Rainer Haas vor einigen Monaten.

Andere Landkreise gingen einen ähnlichen Weg, und auch dort entspannt sich die Situation nun wieder. So ist im Kreis Esslingen kürzlich die erste Sporthalle geräumt worden, weitere sollen nun folgen.