Das Land unterstützt die Kommunen in den nächsten zwei Jahren mit 320 Millionen Euro bei der Integration von Flüchtlingen. Diese fordern Spielraum für die Verwendung der Gelder.

Stuttgart - Wer Flüchtlinge aufnimmt, soll dafür auch Geld bekommen. 1125 Euro pro Person und Jahr erhalten die Kommunen künftig, damit sie Neuankömmlinge, die voraussichtlich in Deutschland bleiben werden, bei der Integration unterstützen können. Insgesamt 180 Millionen Euro stellt das Land den Kommunen in den nächsten beiden Jahren für diese Aufgaben zur Verfügung. Mit weiteren 140 Millionen Euro sollen konkrete Integrationsförderprogramme vor Ort finanziert werden. Das hat Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha (Grüne) am Dienstag in Stuttgart angekündigt. Noch vor Weihnachten sollen die Verhandlungen beginnen und im Februar abgeschlossen sein, wenn der Haushalt 2017 im Landtag verabschiedet wird. „Wir stellen uns der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, aus untergebrachten Geflüchteten Mitbürgerinnen und Mitbürger zu machen“, sagte er.

 

Mit dem Geld sollen unter anderem so genannte Case Manager finanziert werden. Diese sollen sich zum einen darum kümmern, dass die Flüchtlinge im Alltag alle Möglichkeiten zur Integration nutzen – dazu zählen Angebote in den Bereichen Arbeitsmarkt, Sprache, Schule, Kindergarten, Wohnung, Vereinsleben und soziales wie kulturelles Leben vor Ort. Zum anderen sollen sie in den Kommunen Verständnis für die neuen Mitbürger schaffen. Dabei sollen bereits bestehende Beratungsstellen und Angebote genutzt werden.

Kommunen warnen vor Doppelstrukturen

Die Flüchtlinge müssten in die Lage versetzt werden, für sich selbbst und ihre Familien sorgen zu können, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Das liege in ihrem eigenen Interesse und dem der ganzen Gesellschaft. Die Landesregierung geht davon aus, dass etwa 80 000 Flüchtlinge dauerhaft in Baden-Württemberg bleiben werden.

Die Kommunalen Landesverbände sind erleichtert, dass die Verhandlungen endlich beginnen. Die Regelungen müssten pragmatisch sein „und den Bedürfnissen vor Ort Rechnung tragen“, forderte Gemeindetagspräsident Roger Kehle. Die Programme müssten an die kommunale Realität angepasst werden. So müsse vor Ort festgelegt werden können, welche Aufgaben die Case-Manager erfüllen und welche Voraussetzungen sie mitbringen sollen. „Viele Kommunen haben bereits Integrationsbeauftragte, die ebenfalls die Flüchtlingsarbeit koordinieren.“ Doppelstrukturen müssten vermieden werden.

Handwerk hofft auf schnelle Klärung

Städtetags-Geschäftsführerin Gudrun Heute-Bluhm erklärte, für die Integration seien weitere Aufgaben wichtig. „Die Menschen an die Hand zu nehmen und sie auf dem Weg in unsere Gesellschaft hinein zu begleiten, ist schon jetzt eine sehr wichtige Aufgabe und sie wird es in den nächsten Jahren bleiben. Deshalb müssen wir hier geeignete, teilweise schon bestehende Strukturen stärken, beispielsweise Integrationsbeauftragte und Migrationssozialarbeit.“ Bestehende Programme dürften nicht gekürzt werden, weil nun aus dem Pakt für Integration Bundesmittel für die Kommunen bereitgestellt werden.

Die Ankündigung der Landesregierung, mit den kommunalen Spitzenverbänden einen Pakt für Integration schließen zu wollen, sei längst überfällig, erklärte Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. Die Kommunen spielten bei der Integration „eine entscheidende Rolle“. Viele Handwerksbetriebe im Land engagierten sich in der Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit. Wie gut dies gelinge, hänge auch von der Zusammenarbeit mit den Kommunen ab. „Für die Handwerksbetriebe ist der Bürgermeister in vielen Fällen der erste Ansprechpartner.”

SPD fordert mehr Geld für Kommunen

Die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Wölfle forderte die Landesregierung auf, die Kommunen deutlich besser zu unterstützen. „Es geht nicht an, dass Grün-Schwarz mit jeder Menge Bundesmitteln und mit umgeschichteten bisher kommunalen Geldern die Integration von Flüchtlingen regelt, die Kommunen aber zugleich für die Sanierung des Landeshaushalts zur Kasse bittet“, sagte sie. Der Integrationsexperte der FDP-Landtagsfraktion, Jürgen Keck, erklärte, die Konzeption des Case Managements erinnere „sehr stark an die sonstigen Hilfestrukturen in der Gemeindepsychiatrie und Eingliederungshilfe“.