„We need you“ heißt ein Projekt in Birkach und Plieningen, bei dem Flüchtlinge sich ehrenamtlich engagieren. Die Idee, die im Zuge einer Masterarbeit entstanden ist, kam bestens an – und hat dem einen oder sogar richtige Arbeit beschert.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Birkach/Plieningen - Bori Maneh hat Arbeit. Und das ist mit das Wichtigste in Boris derzeitigem Leben. Denn die Tage in der Asylunterkunft, in der er seit Sommer 2014 lebt, werden schnell lang. Er wusste nicht, wohin mit sich. Deshalb freut sich der Gambier, dass er seit Februar die Vormittage im Seniorenzentrum Schönberg verbringen darf – als Bufdi. Das Wort Bufdi hat Maneh, geboren an Neujahr 1977, vorher noch nie gehört. Er zückt eine kleine Karte, die ihm bescheinigt, dass er als Haushelfer den Bundesfreiwilligendienst absolviert.

 

Der Gambier ist jetzt Bufdi

Dass Maneh jetzt Bufdi ist, ist für Stephanie Reinhold eine Erfolgsgeschichte. Eine Geschichte, die sie vielleicht erhofft, aber keinesfalls vorhergesehen hatte. Damals, als die stellvertretende Bezirksvorsteherin beschlossen hat, Flüchtlinge in Ehrenämter zu vermitteln und darüber berufsbegleitend im Fach Public Management eine Masterarbeit zu verfassen. Das war vergangenes Frühjahr. Vor Kurzem hat Stephanie Reinhold ihre Arbeit abgegeben, verteidigt und eine 1,3 dafür bekommen. Und sie kann sagen, dass ihre Idee auf Gegenliebe stieß – nicht nur bei den Prüfern der Hochschule Ludwigsburg und den Nachahmern, die aus Düsseldorf angerufen haben.

Bei Bori Maneh aus Gambia und anderen Flüchtlingen aus der Unterkunft am Hallenbad kam Stephanie Reinholds Vorstoß gut an. Sie waren froh über Zerstreuung an sonst öden Tagen, wollten das Gefühl haben, gebraucht zu werden. „We need you“ heißt das Plieninger Projekt. „Es ist wie ein Integrationskurs im echten Leben“, sagt Stephanie Reinhold.

So kam eines zum anderen – und Maneh ins Seniorenzentrum. Zusammen mit zwei anderen Gambiern hat er auf der Dachterrasse Gemüse angepflanzt. Eigentlich sollten die Flüchtlinge nur den Garten pflegen, doch „sie hatten ihre eigenen Vorstellungen“, sagt Stephanie Reinhold. Sie schlugen vor, den Garten zu nutzen – so wie sie es von daheim kennen. Seit vergangenem Sommer gedeihen dort Tomaten, Gurken, Zucchini, Bohnen und vieles mehr.

Elf Flüchtlinge kamen zum Zug

„Flüchtlinge haben einen erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt“, sagt Stephanie Reinhold. Dabei sei Arbeit gerade am Anfang so wichtig, für die Sprache und fürs Kontakteknüpfen. Weil normale Arbeit zunächst nicht vorgesehen ist, wurde die stellvertretende Bezirksvorsteherin zu einer Mittlerin der guten Tat. 25 Menschen haben sich an den Ehrenämtern interessiert gezeigt, elf kamen zum Zug.

Helfende Hände gesucht haben zum Beispiel das Paracelsus-Gymnasium, die Körschtalschule, das Jugendhaus und die evangelische Kirchengemeinde. Ein Flüchtling sei Fischer, und er habe unbedingt etwas mit Fischen machen wollen, erzählt Stephanie Reinhold. Gut für ihn: Auf einem Plieninger Bauernhof war im vergangenen Jahr eine Aquaponik-Anlage aufgebaut, dabei werden Techniken der Aufzucht von Fischen in Aquakultur und der Kultivierung von Nutzpflanzen in Hydrokultur verbunden. Auch für Bori Maneh war die Gartenarbeit vergangenen Sommer ein Glücksfall, der Gambier ist gelernter Gärtner. Zwei Flüchtlinge haben aufgrund des Ehrenamts sogar richtige Arbeit gefunden.

Über das Projekt in Plieningen ist ein ARD-Film entstanden, dieser ist hier zu sehen.