Ende Oktober räumen die Flüchtlinge ihre Container an der Roten Wand in Stuttgart. Mit ihrem Wegzug wird auch die Zeitung RED eingestellt.

S-Nord - Immer wieder hat sich der Umzug verzögert. Jetzt wird es ernst: Der Auszug von noch rund 100 Flüchtlingen aus den Containern an der Roten Wand ist vom 28. bis 31. Oktober geplant. Auf dem Areal sollen Wohnungen gebaut werden. Und RED, die Flüchtlingszeitung für und von den Containerbewohnern erscheint zum letzten Mal am 20. Oktober. „Die Artikel sind fertig, das Layout steht. Die Zeitung muss nur noch gedruckt werden“, sagt Hans H. Greuter. Er ist mit Unterstützung des Flüchtlings- Freundeskreis Killesberg Initiator und ehrenamtlicher Chefredakteur des Blatts. Um das Layout kümmert sich ebenfalls ehrenamtlich Ina Stallbörger.

 

RED: Das steht für Refugees (Flüchtlinge), Experiences (Erfahrungen) und Dreams (Träume). Das erste Exemplar der kostenlosen Zeitung erschien im Winter 2016. „Dahinter steckte die Idee, dass die Flüchtlinge nicht in der nasskalten Jahreszeit nicht in den ihren Containern rumhocken sollten, sondern beim Zeitung machen eine Beschäftigung haben“, sagt Greuter. Geplant waren nur zwei Ausgaben. Jetzt geht die siebte in Druck. Zwei Ausgaben hat der Bezirksbeirat finanziert. Für die anderen Ausgaben hat der Flüchtlings-Freundeskreis Killesberg Spenden gesammelt. Die Kosten für das achtseitige Blatt mit einer Auflage von jeweils 2000 Exemplaren liegen bei 1500 Euro.

Mit 63 Flüchtlingen Gespräche über ihre Ängste und Hoffnungen geführt

Für seine Artikel hat Greuter mit 63 Flüchtlingen und 34 Helfern gesprochen. Viele Flüchtlinge haben in RED aber auch selbst geschrieben: über die Zustände in ihrem Land, die Gründe für die Flucht, ihre lebensgefährliche Fahrt übers Mittelmeer und über ihre Träume von einem Neuanfang in Deutschland. Greuter: „Manche Schicksale haben sich zum Besseren gewendet, aber leider nicht alle.“ Viele Flüchtlinge hat er auch aus den Augen verloren. Doch einem seiner Gesprächspartner ist er ganz unerwartet wieder begegnet: Edrissa Saidy aus Gambia. Der heute 23-Jährige lief ihm im Treppenhaus von Greuters früherem Wohnhauses entgegen: schwere Farbeimer an jeder Hand. Edrissa macht eine Ausbildung zum Maler und war in dem Gebäude mit dem Renovieren einer Wohnung beschäftigt. Ein bereits bewilligtes Stipendium an Kunstakademie hat der er begabte junge Mann zurückgestellt, um einen Handwerksberuf zu erlernen. In der letzten Ausgabe von RED lässt Greuter Edrissas Weg aus der Heimat in sein neue Leben in Stuttgart nochmals Revue passieren.

Familie Almouri ist im neuen Leben angekommen

Auch an die syrische Familie Almouri erinnert Greuter: „Als mir das Ehepaar über die Flucht mit den vier Kindern übers Mittelmeer berichtete, kamen mir die Tränen. Ich habe mich gefragt, was wäre, wenn meine Familie und ich das hätten durchleben müssen“, sagt Greuter. Die Almouris, die damals in zwei Containern an der Roten Wand lebten, haben längst Fuß gefasst in Stuttgart und haben eine eigene Wohnung in Feuerbach. Mazin Almouri(43) arbeitet als technischer Anästhesist im Klinikum Stuttgart. Die Kinder schreiben gute Noten. Die älteste Tochter besucht das Gymnasium. Andere Containerbewohner bekamen keine Aufenthaltsgenehmigung wurden abgeschoben: „Vor allem für Flüchtlinge aus Afrika sieht es schlecht aus“, sagt Greuter. Seine Erfahrung aus den Gesprächen: „Vieles wollen aber auch wieder zurück in ihre Heimat, sobald sie dort wieder eine Perspektive für sich sehen.“

In den Herbstferien werden die Flüchtlinge aus dem Containerdorf an der roten Wand auf andere in anderen Unterkünften verteilt: Für den Umzug gelten laut einer Mitteilung der Heimleitung Regeln: Das Umzugsgut muss deutlich mit Namen und Zieladresse beschriftet werden. Privat angeschaffte Gegenstände wie Möbel und Elektrogeräte, ausgenommen Fernseher und Receiver, werden von der Spedition nicht mitgenommen. Um die Ausbreitung von Bettwanzen und sonstigen Schädlingen zu verhindern, dürfen keine Teppiche mitgenommen werden.