124 weitere Flüchtlinge sind am Sonntag in Stuttgart angekommen und in einem ehemaligen Alten- und Pflegeheim untergekommen. Anwohner hatten zuvor bereits Kleidung und Spielzeug gespendet.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Von den Tausenden Flüchtlingen, die Ungarn am Wochenende verlassen konnten, sind 124 am Sonntagmorgen um 6 Uhr in Stuttgart angekommen. Ihre für die Nacht geplante Ankunft verzögerte sich, weil die Busse in Ulm eine Pause machen mussten: Die Fahrer hatten ihre maximale Tageslenkzeit erreicht. Als Notunterkunft dient das Haus Martinus des Caritasverbands in der Olgastraße – ein Alten- und Pflegeheim, das nach 50 Jahren Betriebszeit einem Neubau weichen soll. Mitte August sind die letzten Heimbewohner ausgezogen, sagte der Leiter des Hauses, Kurt Greschner. Er war seit Samstagvormittag im Einsatz und hat für die Ankunft der Flüchtlinge eine Doppelschicht bereitgestellt.

 

Beim Begrüßungsbesuch am Sonntagnachmittag sagte die Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer, dass das Haus ursprünglich für Oktober als reguläre Flüchtlingsunterkunft hergerichtet werden sollte. „Aber wir sind in dieser Notsituation selbstverständlich umgehend der Bitte des Landes nachgekommen. Unsere Alarmkette hat bestens und sehr rasch funktioniert.“ Fezer und der Regierungspräsident Johannes Schmalzl lobten die gute Zusammenarbeit der Behörden und vor allem die Tatkraft der vielen freiwilligen Helfer. Das Deutsche Rote Kreuz und die Feuerwehr waren am Samstag zügig im Einsatz, um das Notwendigste in das Haus zu schaffen: Aus dem DRK-Zentrallager in Kirchheim/Teck wurden 200 Feldbetten, 216 Schlafsäcke und je 150 Hygienesätze für Männer und Frauen gebracht. Vor Ort setzte sich auch der stellvertretende Regierungspräsident Christian Schneider ein, der selbst Mitglied der freiwilligen Feuerwehr ist.

Vom Bürgerkrieg in Syrien gezeichnet

Am Sonntag hat das DRK im vierten Stock einen großen Topf mit Reis und Putengeschnetzeltem bereitgestellt, aus dem sich die Menschen dankbar bedienten. Die meisten Flüchtlinge stammen aus den Ländern Syrien und Afghanistan, rund zwanzig Familien sind darunter – und viele Kinder. Regierungspräsident Schmalzl berichtet, dass „acht unbegleitete Minderjährige gleich in Spezialeinrichtungen gebracht“ worden seien, zwei weitere Flüchtlinge seien ins Krankenhaus gebracht worden.

Auch Abdelrahman ist gezeichnet – allerdings weniger von den Strapazen der Reise oder den Repressalien in Ungarn, sondern vom Krieg in Syrien. Seine Schule war bombardiert worden, der 16-Jährige hat Verletzungen am Auge und am Bauch. Aber er ist glücklich, endlich in Sicherheit zu sein, und bedankt sich wie eine syrische  Familie, die mit einem Boot in die Türkei gekommen war und sich von dort zu Fuß auf den weiteren Weg machte, bei Österreich und Deutschland. Manche der Flüchtlinge seien zwei Monate unterwegs gewesen – und einige hätten bei ihrer Ankunft nicht einmal gewusst, wo sie sind.