Am 26. Januar kommt Ferik wieder in der Stadt an, die in seinem plötzlich so unsteten Leben zu einer Art Anker wurde: Stuttgart. Ein Zimmer zu dritt in einer Unterkunft in Plieningen, etwa acht Quadratmeter groß, wird sein neues Zuhause. Ein Stockbett und ein Einzelbett, ein Schrank und ein Kühlschrank, ein Tisch, zwei Stühle. Ferik ist zufrieden: „Viel besser als alles andere vorher.“

 

Mit seinen Zimmergenossen Nahi (35) und Tawfik (29), einem Brüderpaar aus Damaskus, versteht er sich gut. Alle drei gehören der christlichen Minderheit in Syrien an. Kommt Besuch, wird nahezu der komplette Inhalt des Kühlschranks auf den kleinen Tisch gepackt, der Wasserkocher für Tee brodelt schon - höfliches Ablehnen ist zwecklos.

Nahi und Tawfik waren nicht wie Ibrahim Ferik an der Universität, sie sprechen nur gebrochenes Englisch. Der junge Syrer bringt sich die deutsche Sprache mit einem deutsch-englischen Wörterbuch selbst bei. Auch Lehrbücher hat er sich selbst besorgt. Die Heimleitung hat angekündigt, ihnen Deutschkurse zu vermitteln - bislang ist noch nichts passiert.

Was die jungen Männer hinter sich haben, ist nur schwer vorstellbar. Nahi zeigt Bilder von seinem Elternhaus, in der Hauswand hinterließ ein Granateneinschlag ein großes Loch: „Wir saßen im Wohnzimmer, als es passierte.“

Alle warten auf einen Termin zur Anhörung

Für Feriks Unterkunft in Plieningen ist eva - Migrationsdienst und Sozialdienst für Flüchtlinge - zuständig. Die beiden Mitarbeiter sind vor Ort nur zwei Stunden für alle täglich zu sprechen. Ibrahim organisiert vieles selbst. Die Ausländerbehörde in Stuttgart ist für sämtliche Belange zuständig, doch um dort einen Termin zu bekommen, sind Ibrahims Zimmergenossen schon einmal mitten in der Nacht los, um morgens noch an eine Nummer zu kommen. Immerhin: Die beiden sind schon seit August 2015 in Stuttgart und haben mittlerweile ihren Ausweis bekommen, der sie theoretisch berechtigt, eine Wohnung zu anzumieten und in Deutschland zu arbeiten. So sie denn beides finden.

„Nur Krieg und Warten“

„Die Situation in Syrien hat mich krank gemacht“, erzählt er. „Du hörst ein Pfeifen, und du weißt nicht, wo es gleich einschlagen wird“, sagt er und schüttelt den Kopf. „Keine Hoffnung. Nur Krieg und Warten. Aber wie lange?“

Doch das Warten geht auch in Deutschland weiter. Immerhin: Es ist kein Zischen der Granaten mehr zu hören. Aber dieses Geräusch verfolgt Ferik.

Im Reitstadion kommt er gut mit allen zurecht, hier kann er sich engagieren und ablenken, er übersetzt und hilft beim Sortieren der Kleiderspenden und Vorräte. Stuttgart wächst dem aufgeschlossenen Syrer sehr schnell ans Herz. Doch noch ist sein Aufenthalt in Stuttgart längst nicht gesichert: Ende Dezember wird Ferik erst in eine Notunterkunft in Neuenstadt am Kocher (Kreis Heilbronn) gebracht, ein paar Tage später dann in die Erstaufnahmestelle nach Ellwangen. Für wie lange er dort sein wird, weiß er zu dem Zeitpunkt nicht.

Konflikte, Schlägereien, Polizei-Einsätze

Zehn Menschen schlafen in Ellwangen in einem Zelt. Dort gibt es Konflikte, Schlägereien, Polizei-Einsätze - im Reitstadion, wo der Betreuungsschlüssel höher ist und viele Helfer auch Arabisch sprechen, gab es das nicht. Ferik ist frustriert, er schickt Bilder von Polizeiautos auf dem Gelände der Unterkunft. „Sollte ich wieder nach Stuttgart kommen dürfen, wäre ich so glücklich“, schreibt er.

Doch ob das klappt, kann ihm niemand zu diesem Zeitpunkt sagen, obwohl sich auch die Heimleitung des Reitstadions für ihn einsetzt. Er soll erst einmal in Ellwangen medizinisch untersucht und nochmals für das Land Baden-Württemberg registriert werden. „Dann hängt es vom Verteilungsschlüssel ab, da können wir nichts machen“, lässt eine Mitarbeiterin am Telefon wissen. An wen sich Ferik auch wendet, eine genaue Auskunft scheint nicht möglich.

Dann geht es doch schneller als gedacht: eines Morgens geht er wie immer zum schwarzen Brett, wo die Listen mit Namen und zugeteilten Unterkünften in allen Teilen Baden-Württembergs aushängen. Ferik, Ibrahim steht dort. Stuttgart.

Plötzlich ein Loch in der Wand

Am 26. Januar kommt Ferik wieder in der Stadt an, die in seinem plötzlich so unsteten Leben zu einer Art Anker wurde: Stuttgart. Ein Zimmer zu dritt in einer Unterkunft in Plieningen, etwa acht Quadratmeter groß, wird sein neues Zuhause. Ein Stockbett und ein Einzelbett, ein Schrank und ein Kühlschrank, ein Tisch, zwei Stühle. Ferik ist zufrieden: „Viel besser als alles andere vorher.“

Mit seinen Zimmergenossen Nahi (35) und Tawfik (29), einem Brüderpaar aus Damaskus, versteht er sich gut. Alle drei gehören der christlichen Minderheit in Syrien an. Kommt Besuch, wird nahezu der komplette Inhalt des Kühlschranks auf den kleinen Tisch gepackt, der Wasserkocher für Tee brodelt schon - höfliches Ablehnen ist zwecklos.

Nahi und Tawfik waren nicht wie Ibrahim Ferik an der Universität, sie sprechen nur gebrochenes Englisch. Der junge Syrer bringt sich die deutsche Sprache mit einem deutsch-englischen Wörterbuch selbst bei. Auch Lehrbücher hat er sich selbst besorgt. Die Heimleitung hat angekündigt, ihnen Deutschkurse zu vermitteln - bislang ist noch nichts passiert.

Was die jungen Männer hinter sich haben, ist nur schwer vorstellbar. Nahi zeigt Bilder von seinem Elternhaus, in der Hauswand hinterließ ein Granateneinschlag ein großes Loch: „Wir saßen im Wohnzimmer, als es passierte.“

Alle warten auf einen Termin zur Anhörung

Für Feriks Unterkunft in Plieningen ist eva - Migrationsdienst und Sozialdienst für Flüchtlinge - zuständig. Die beiden Mitarbeiter sind vor Ort nur zwei Stunden für alle täglich zu sprechen. Ibrahim organisiert vieles selbst. Die Ausländerbehörde in Stuttgart ist für sämtliche Belange zuständig, doch um dort einen Termin zu bekommen, sind Ibrahims Zimmergenossen schon einmal mitten in der Nacht los, um morgens noch an eine Nummer zu kommen. Immerhin: Die beiden sind schon seit August 2015 in Stuttgart und haben mittlerweile ihren Ausweis bekommen, der sie theoretisch berechtigt, eine Wohnung zu anzumieten und in Deutschland zu arbeiten. So sie denn beides finden.

Ibrahim Ferik dagegen muss noch warten. Die vorläufigen Papiere, die er in Ellwangen bekommen hat, müssen regelmäßig verlängert werden. Mit einem Stempel der Ausländerbehörde. Bis er den Stempel abholen kann, kann es mehrere Wochen dauern, wurde ihm dort gesagt. Worauf er vor allem wartet: Das offizielle Interview, bei dem darüber entschieden wird, ob er Asyl bekommt.

Zwei Zollbeamte haben eines Tages in der Unterkunft in der Ludwigstraße ihren mobilen Arbeitsplatz aufgebaut: Sie sind eines von vier mobilen Zweier-Teams, die im Regierungspräsidium Stuttgart unterwegs sind. Nach und nach klappern sie die Flüchtlingsheime ab, machen Fotos der Asylbewerber, nehmen Fingerabdrücke und legen elektronische Akten an.

„Wofür genau werde ich hier registriert?“, will Ibrahim wissen. „Für das Asylverfahren“, lautet die Antwort.

Hoffnung für Ibrahim Ferik

Im System ist Ferik jedenfalls noch nicht registriert, obwohl bereits in Passau, Stuttgart und Ellwangen seine Daten erfasst wurden. „Ja, das muss jetzt alles vereinheitlicht werden“, erklärt der Mitarbeiter. „Wir sind quasi vom Finanzministerium ausgeliehen und seit Oktober im Auftrag des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterwegs.”

Ferik habe Glück. Seine Anhörung wird in Ellwangen stattfinden, wo er bereits war. Wer beispielsweise in der Erstaufnahmestelle in Karlsruhe registriert wurde, hat schlechtere Karten - dort fehlt es unter anderem an Dolmetschern.

Nur noch wenige Wochen also, dann könnte Ibrahim Gewissheit haben, hier erst einmal angekommen zu sein. Sich ein Praktikum suchen, vielleicht sogar einen Job - vor allem erst einmal Sicherheit haben.

Auf dem Fernsehturm läuft Ibrahim Ferik einmal rundherum, genießt die Panorama-Aussicht. „Ist dort Plieningen?”, fragt er und zeigt in Richtung Schwäbische Alb. Endlich ein Zuhause, ohne Angst vor dem Zischen der Granaten.

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Lesen Sie hier: Die 24-Stunden-Reportage aus der Notunterkunft für Flüchtlinge im Stuttgarter Reitstadion