Wohin mit den vielen Flüchtlingen? Die Stadt Stuttgart kann wohl 452 neue Plätze für Flüchtlinge schaffen – ein erstes Votum der Stadträte deutet darauf hin. Die endgültige Entscheidung fällt im November. Doch auch dann wird das Thema noch nicht erledigt sein.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Die Stadt wird sechs weitere geplante Unterkünfte für Flüchtlinge schaffen können. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses haben am Freitag in einer Vorabstimmung klar gemacht, dass sie die 452 neuen Plätze, die sich auf Unterkünfte in Bad Cannstatt, im Westen, in Vaihingen, Zuffenhausen und Weilimdorf verteilen, absegnen werden. Es gab nur eine Teilgegenstimme von Bernd Klingler (FDP), bezogen auf zwei Systembauten in Weilimdorf, den Rest trägt auch die FDP mit. Die Beschlussfassung ist für den 6. November angesetzt.

 

Noch vor Beginn der Debatte hat der stellvertretende Sozialamtsleiter Stefan Spatz klar gemacht, unter welch „hohem Druck“ die Stadt steht. „Es darf keine einzige Unterkunft, die wir im Programm haben, wegfallen“, sagte Spatz.

Die folgende Grafik zeigt die aktuellen Flüchtlingsunterkünfte in Stuttgart mit mehr als 20 Bewohnern.

Er brachte brisante Zahlen mit: Laut aktueller Prognose rechnet die Stadt nun mit einem Bedarf von 4421 Plätzen für Flüchtlinge im Jahr 2015. Wenn alles umgesetzt ist, was sich die Verwaltung vorgenommen hat, wird sie Ende 2015 genau 4042 Plätze vorweisen können – macht ein Minus von 379 Plätzen, deutlich mehr als die noch vor wenigen Tagen bezifferten 63 fehlenden Plätze. „Wir werden deshalb relativ zügig mit Tranche drei kommen“, sagte der Erste Bürgermeister Michael Föll (CDU). Weiterhin sei es aber das Ziel, bei der Unterbringung weder auf Turnhallen noch auf Zelte zurückzugreifen – zum Beispiel wie die Stadt München. Diese nutzt eine Zeltstadt, in der zuvor Oktoberfesttouristen übernachtet hatten, als Notunterkunft für Flüchtlinge.

Stadt will nicht Turnhallen belegen

Föll betonte, dass für alle Standorte der zweiten Tranche gelte, dass die Genehmigungsfähigkeit geprüft wurde. Das sei auch beim Standort Liebfrauenheim in Bad Cannstatt der Fall. Die Fraktionen hatten offenbar anwaltliche Schreiben mit einem anderen Tenor erhalten. Davon solle man sich nicht beeindrucken lassen. Föll erklärte zudem, warum das von den Freien Wählern in einem Antrag ins Spiel gebrachte Walz-Areal nicht als Alternative zum alten Weilimdorfer Vereinsheim in Frage kommt.

Der Flächennutzungsplan erlaube für das Walz-Areal nur eine landwirtschaftliche Nutzung, einen Bebauungsplan gebe es nicht. Würde man ein Bebauungsplanverfahren einleiten, seien zudem Fristen zu wahren, sodass man 2015 nicht mit dem Bauen einer Flüchtlingsunterkunft beginnen könnte. Doch im Herbst 2015 müssten die Plätze zur Verfügung stehen.

Argumente leuchten allen Fraktionen ein

Alle Fraktionen überzeugte diese Erklärung – inklusive Freie Wähler, AfD und FDP. „Wir hätten es gerne gesehen, wenn das Walz-Areal eine Alternative gewesen wäre, aber die Argumente leuchten uns ein“, sagte Joachim Rudolf (CDU). Grüne, SPD und SÖS/Linke erinnerten zudem daran, wie wichtig es sei, Flüchtlinge so dezentral wie möglich unterzubringen. Thomas Adler (SÖS/Linke) wünscht sich in Zukunft aber kleinere Einheiten. „Mit jeder Tranche wird es schwieriger, Grundstücke zu finden“, meinte Hans H. Pfeifer (SPD) und Silvia Fischer (Grüne) freute sich, dass diesmal auch Anmietungen möglich sind.

Nur Bernd Klingler (FDP) forderte, weiter nach einer Alternative zum vorgesehenen Standort an der Solitudestraße zu suchen, wo noch das ehemalige Vereinsheim der SG Weilimdorf steht – für Klingler ein „Traditionsgebäude“. Durch die Wegnahme reiße man „das Herz aus dem Körper heraus“. Bürgermeister Föll konnte sich dazu einen Kommentar nicht verkneifen: „Sie werden der Bedeutung der Schönheit und Lebendigkeit des Bezirks nicht gerecht, wenn Sie diese marode Bude zum Herz erklären – das Herz der Weilimdorfer schlägt woanders.“ Man könne keine Alternative präsentieren, werde aber Ersatzvorschläge kurzfristig prüfen, sagte Föll.