Weil in den vergangenen Monaten weniger Flüchtlinge nach Stuttgart zugewiesen wurden als zu Beginn des Jahres, hat die Stadt beschlossen, die geplante Flüchtlingsunterkunft im Wohngebiet Höhenrand in Vaihingen erst einmal nicht zu bauen.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Vaihingen - Vaihingen bekommt wohl doch keine weitere Flüchtlingsunterkunft. Wie die Stadt vergangene Woche mitgeteilt hat, werde der Systembaustandort an der Möhringer Landstraße „bis auf Weiteres nicht benötigt“, ebenso wie die im Mai beschlossene Erweiterung der bestehenden Einrichtung Im Wolfer in Plieningen um einen Systembau. Grund dafür seien die aktuellen Zuweisungsprognosen. Diese seien seit dem Frühjahr rückläufig. Während im Januar und Februar noch mehr als 800 Flüchtlinge in Stuttgart untergebracht werden mussten, waren es im Juli lediglich 160, im August werden es laut Sozialamt noch 150 sein.

 

„Für die Anwohner ist die Entscheidung der Stadt positiv zu werten“, sagt der Vaihinger Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt. Die Bedenken im Wohngebiet Höhenrand waren groß, die Bürger fühlten sich von den Plänen der Stadt vor vollendete Tatsachen gestellt. 243 Flüchtlinge hätten in drei Systembauten unweit des Hengstäckerschulzentrums untergebracht werden sollen; so stand es in den Plänen zur Tranche 4, die der Stuttgart Gemeinderat im Juli 2015 beschlossen hatte. „Sie erschlagen uns mit dieser Zahl“, lautete die Kritik der Anwohner, als die Pläne damals im Bezirksbeirat vorgestellt wurden.

Derzeit befindet sich interimsweise eine Kita auf dem Gelände

Die Bezirksbeiräte sprachen sich dafür aus, statt der drei Systembauten nur zwei zu bauen. „Die hohe Anzahl an Menschen auf so wenig Raum wäre ein Unding gewesen, sowohl für die Anwohner als auch für die Flüchtlinge“, sagt Gerhard Wick von SÖS-Linke-Plus. Er begrüßt die Entscheidung der Stadt, den Standort erst einmal aufzuschieben. „Da aktuell die Anzahl der neu ankommenden Flüchtlinge deutlich unter der Prognose liegt, ist es aus meiner Sicht sehr sinnvoll, die geplanten Systembauten an der Möhringer Landstraße zurückzustellen“, stimmt der stellvertretende FDP-Bezirksbeirat Volker Weil zu.

„Für den sonst schlecht mit Infrastruktur ausgestatten Stadtteil Wallgraben-West und Höhenrand ist das natürlich keine schlechte Nachricht“, sagt auch CDU-Sprecher Ulrich Bayer. Er kritisiert allerdings die Mitteilungspolitik der Stadt. „Es ist interessant, das man als Bezirksbeirat die Pressemitteilung der Stadt nicht auch bekommt“, sagt er. Er habe aus der Zeitung von den Rückstellungsplänen erfahren. Bayer fragt sich zudem, was zwischenzeitlich oder endgültig mit dem Gelände passieren soll. Derzeit ist dort übergangsweise eine Kindertagesstätte untergebracht. Diese Interimsnutzung ist auch der Grund, warum die Stadt sowieso nicht vor 2017 mit dem Bau der Systembauten hätte beginnen können. „Wir hoffen sehr, dass die künftige Nutzung dieser Fläche unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit geplant wird“, teilt Christa Tast von den Vaihinger Grünen mit.

Auch Eyüp Ölcer von den Freien Wählern begrüßt die Aufschiebung. „Es ist allerdings wichtig, dass die Stadt sich jetzt nicht ausruht, sondern am Thema Flüchtlingsunterbringung dranbleibt und schaut, ob es nicht noch geeignetere Standorte als die Möhringer Landstraße gibt“, sagt Ölcer. Das habe der Bezirksbeirat im vergangenen Sommer bereits angeregt. „Jetzt hat man Zeit und Luft, besser zu planen.“

Ändern sich die Zahlen, könnte das Heim doch gebaut werden

Bezirksvorsteher Meinhardt vermeidet unterdessen zu große Euphorie. „Sollte die Unterkunft nicht kommen, wäre das erfreulich. Aber die Flüchtlingssituation kann sich schnell wieder ändern. Dann ist morgen wieder überholt, was heute gesagt wurde“, sagt Meinhardt. „Im Augenblick mögen die Zahlen so sein, dass man die Unterkunft nicht braucht, aber wer weiß, wie sich das entwickelt?“ Tatsächlich schreibt die Stadt in ihrer Pressemitteilung: „Allerdings wäre es zum derzeitigen Zeitpunkt verfrüht, die Standorte endgültig aufzugeben, da die weitere Entwicklung immer noch sehr ungewiss ist“.

„Wir können derzeit nicht sagen, wie sich die Situation auf Dauer entwickelt“, sagt auch Volker Weil. „Daher halte ich es für absolut richtig, den Bau des Flüchtlingsheims an der Möhringer Landstraße zunächst zurückzustellen und gleichzeitig die Flexibilität beizubehalten, den Standort falls erforderlich wieder in die Planungen einzubeziehen.“

Das letzte Wort in Sachen Flüchtlinge an der Möhringer Landstraße ist also wohl noch nicht gesprochen. „Wenn sich die Situation wieder ändert, wären wir bereit zu sagen, der Standort ist in Ordnung, aber dann nur mit zwei statt mit drei Systembauten“, sagt Gerhard Wick.