Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, steigt wieder. Darauf muss die Politik reagieren – und aus Fehlern lernen, kommentiert StZ-Redakteur Reiner Ruf.

Stuttgart - Die rechtsradikalen Republikaner wurden 1992 nicht nur deshalb mit dem damals drittstärksten Stimmergebnis in den Landtag gespült, weil in Deutschland die Zahl der Asylsuchenden sprunghaft anstieg. Viele Wähler hatten vielmehr den Eindruck, dass das schwierige Thema ignoriert, wenn nicht tabuisiert werden sollte. Die große Koalition in Berlin handelt also verantwortungsvoll, wenn sie jetzt, da wieder deutlich mehr Flüchtlinge anlanden, diesen Fehler nicht wiederholen will. Das bedeutet, das Asylrecht dem Auftrag des Grundgesetzes gemäß für jene zu sichern, die politisch verfolgt werden. Armut und Elend muss anders begegnet werden. Es ist zulässig, die Balkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, auch wenn sich damit die Probleme bei der Unterbringung der Flüchtlinge nur ein Stück weit reduzieren lassen.

 

Jedenfalls besteht Hoffnung, dass die Debatte über das Asylrecht rationaler verläuft als noch vor zwanzig Jahren. Wenn nicht alles täuscht, ist Deutschland toleranter geworden im Umgang mit Menschen fremder Herkunft. Das hat auch mit dem stabilen Arbeitsmarkt zu tun und vielleicht damit, dass die Deutschen angesichts ihrer eigenen demografischen Probleme inzwischen merken, dass sie ihren Wohlstand allein nicht werden sichern können.