Ein Bericht des Bundeskriminalamts zeigt: Flüchtlinge aus bestimmten Ländern werden öfter kriminell als andere. Und dafür gibt es auch Erklärungen.

Berlin - Eine geheime Lageübersicht des Bundeskriminalamts (BKA) zu Kriminalität im Zusammenhang mit Zuwanderung listet detailliert die Straftaten von und gegen Flüchtlinge auf. Für Polizisten wie Rainer Wendt ist der Bericht, dessen Inhalt unserer Zeitung bekannt geworden ist, auch ein Beitrag gegen Populismus. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft sagt, das Lagebild setze „populistischen Aussagen konkrete Zahlen entgegen – so etwa der Parole, Ausländer seien generell öfter straffällig. Allein deshalb sollten wir uns die konkreten Zahlen und Hintergründe immer genau vor Augen führen.“

 

Die Beamten des BKA untersuchen, ob einzelne Nationalitäten häufiger Straftaten begehen als andere. Tatsächlich ist der Anteil von Tatverdächtigen aus Algerien, Marokko, Tunesien, Georgien, Gambia, Nigeria und Somalia deutlich höher als der Anteil dieser Nationalitäten an der Gruppe der Flüchtlinge. Zum Beispiel kommen gerade einmal 0,2 Prozent der Flüchtlinge, die seit 2015 nach Deutschland eingereist sind, aus Tunesien. Doch diese 0,2 Prozent verursachen beachtliche 2,2 Prozent aller Straftaten von Flüchtlingen.

„Manche glauben, alles riskieren zu können“

Auch aus Marokko stammt nur ein Prozent der Asylsuchenden – doch sie sind bei 7,6 Prozent der Straftaten tatverdächtig. Tunesier, Algerier und Marokkaner begingen häufig Diebstahl. Auch Schwarzfahren und Urkundenfälschungen waren zahlreich. Rainer Wendt sieht einen Grund für die häufigen Straftaten in der fehlenden Bleibeperspektive dieser Flüchtlinge. Manche glaubten, alles riskieren zu können. „Weil sie eben nichts zu verlieren haben“, sagt Wendt.

Teilweise sind international reisende Banden für die Straftaten verantwortlich. „0,6 Prozent der Zuwanderer kamen seit 2015 aus Georgien“, heißt es im BKA-Bericht. Doch unter den Tatverdächtigen sind Georgier, die ohne Visum in die EU einreisen dürfen, mit 3,3 Prozent vertreten. Ein Schwerpunkt ihrer Straftaten sind Diebstähle und Einbrüche.

Wer gute Bleibechancen hat, begeht seltener Straftaten

Eine gute Nachricht ist: Jene Flüchtlinge, die gute Bleibechancen haben und als Bürgerkriegsflüchtlinge vermutlich noch längere Zeit in Deutschland leben werden, begehen vergleichsweise selten Straftaten. Syrer, Afghanen und Iraker stellen zwar 62 Prozent der Flüchtlinge, sind aber nur bei 34 Prozent der Straftaten von Flüchtlingen tatverdächtig. Häufigste Delikte sind Körperverletzungen, Schwarzfahren, Ladendiebstähle und Rauschgiftdelikte.

Zu Mord und Totschlag kommt es nur in wenigen Fällen. Von Januar bis September 2017 sind 70 Personen im Zusammenhang mit Flüchtlingen getötet worden. Damit ist gemeint, dass ein Flüchtling entweder Opfer oder Täter war. Die meisten Opfer – 45 Tote – waren selbst Schutzsuchende. Unter den Opfern waren auch zehn Deutsche. 15 Todesopfer kamen aus anderen Staaten, waren aber keine Flüchtlinge. „In den Fällen der getöteten Deutschen waren Zuwanderer aus Pakistan, Syrien, Nigeria sowie eine staatenlose Person tatverdächtig“, heißt es im Bericht. Millionen Schutzsuchende unter Generalverdacht zu stellen, weil ein kleiner Bruchteil Gewalttaten begeht, wäre aber falsch. Immerhin lebten im Dezember 2016 rund 1,6 Millionen Flüchtlinge in Deutschland.

„Alleinstehende junge Männer sind anfälliger“

Wer das BKA fragt, warum Männer aus bestimmten Herkunftsländern überproportional häufig unter den Tatverdächtigen sind, wird auf eine Studie von Professor Christian Pfeiffer hingewiesen. Demnach sind eine andere Geschlechts- oder Altersstruktur der Flüchtlinge aus diesen Regionen oder schlechte Bleibechancen schlüssige Erklärungen. Wer weiß, dass er Deutschland wahrscheinlich wieder verlassen soll, hat weniger Anreize, sich gut zu integrieren, als ein Flüchtling, der langfristig in Deutschland leben will.

Flüchtlinge aus Nordafrika fliehen meist auf überfüllten Booten über das Mittelmeer. Diese gefährliche Reise ist ein Grund dafür, dass unter nordafrikanischen Flüchtlingen besonders viele Männer sind. Rainer Wendt sagt: „Alleinstehende junge Männer sind anfälliger für das Begehen von Straftaten. Das ist überall so.“ Auch Studien zeigen: In jedem Land der Welt sind männliche 14- bis 30-Jährige bei Gewaltdelikten deutlich übervertreten.