Sie kommen auf Booten, in Flugzeugen oder schlagen sich auf dem Landweg durch: Verzweifelte Menschen, für die Europa der Ort der Verheißung ist. Der Kontinent schottet sich ab. Unsere Korrespondenten berichten von den Brennpunkten.
Stuttgart - Jetzt flimmern sie wieder über den Bildschirm: Berichte von dramatischen Rettungsaktionen und Flüchtlingsschiffen, die führerlos und oft leckgeschlagen auf dem Mittelmeer treiben. Jeden Sommer, wenn das Meer ruhiger ist, wagen Tausende verzweifelter Menschen die gefährliche Überfahrt in Richtung Europa. Nach UN-Angaben sind weltweit mehr als 20 Millionen Menschen auf der Flucht und suchen in anderen Ländern Schutz vor Hunger, Krieg, Gewalt und Naturkatastrophen. Für fast fünf Millionen dieser entwurzelten Menschen heißt das Ziel Europa. Um dorthin zu gelangen, nehmen sie unendliche Strapazen auf sich, bezahlen horrende Summen für Schleuser, geben Heimat und Familie auf. Viele bezahlen die Flucht mit dem Leben.
Der Vorwurf an Europa lautet, dass sich der reiche Kontinent angesichts dieser Zahlen abschotte. Vor allem die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die vor knapp zehn Jahren gegründet wurde, steht massiv in der Kritik. Mit der neuesten Technik versucht sie, die Flüchtlinge aufzuspüren und abzufangen, bevor sie Europa erreicht haben. Dazu beteiligen sich bei den multinationalen Einsätzen vor der afrikanischen Küste diverse EU-Staaten mit Schiffen, Hubschraubern und Flugzeugen. Die Organisation Amnesty International wirft Frontex vor, immer wieder gegen Menschenrechte und die Genfer Flüchtlingskonvention zu verstoßen – etwa, wenn sie Bootsflüchtlingen in Not nicht hilft, obwohl das ausdrücklich vorgeschrieben ist, oder Boote zur Umkehr gezwungen werden, ohne dass das Recht auf Asyl im Einzelfall geprüft worden ist.
Doch die Schleuser haben auf die veränderte Lage reagiert. Seit Frontex den Weg über das Mittelmeer sehr eng kontrolliert, versuchen immer mehr Flüchtlinge auf dem Landweg über die Türkei nach Griechenland zu kommen. Doch weist Frontex darauf hin, dass das größte Einfallstor für Flüchtlinge nicht die gefährlichen Routen über das Mittelmeer oder die Landwege sind – sondern die europäischen Flughäfen. Die meisten jener Menschen, die sich illegal in Europa aufhielten, seien mit gültigen Papieren eingereist und danach im Zielland abgetaucht.