Wenn Flüchtlinge im Mittelmeer kentern, muss alles für ihre Rettung getan werden, sagt der StZ-Korrespondent Christopher Ziedler. Und zwar uneingeschränkt und sofort.

Brüssel - Die traurige Routine der Asylpolitik ist durchbrochen. Mehr als 1000 Menschen haben in vier Tagen im Mittelmeer ihr Leben verloren – eine noch nie da gewesene Zahl von Toten war nötig, um uns aufzuschrecken. Zur Ehrenrettung der Politik muss darauf verwiesen werden, dass schon länger an Ideen gearbeitet wird, um das Sterben zu stoppen. Der letzte Wille, etwas zu ändern, aber fehlt. Die EU-Staaten, daheim mit Pegidas, Ukips, Front Nationals und anderen Ausländerfeinden konfrontiert, schrecken vor Mitmenschlichkeit zurück. Es ist eine Schande.

 

Vor allen anderen Erwägungen muss die Pflicht stehen, Menschenleben zu retten. Es muss eine groß angelegte Seenotrettung geben. Der tödliche Fehler auch der Bundesregierung, die italienische Operation „Mare Nostrum“ durch eine zu kleine EU-Operation zu ersetzen, darf sich nicht wiederholen. Die Annahme, Flüchtlinge und ihre Schlepper würden die Überfahrt dann nicht mehr wagen, hat sich als grundfalsch erwiesen. Dazu ist das Leid etwa in Libyen, wo der Westen 2011 militärisch eingegriffen hat, aber kein Plan für die Zeit danach existierte und nun ein Bürgerkrieg tobt, schlicht zu groß. Natürlich müssen Fluchtursachen bekämpft und Asylanträge vor Ort möglich werden. Bis es jedoch so weit ist, müssen die Menschen auf dem Meer gerettet werden. Uneingeschränkt. Jetzt.