Innenminister Reinhold Gall hat Weissach im Tal nach dem verheerenden Feuer in einem leer stehenden Flüchtlingsheim besucht. Wie viele andere befürchtet er einen Akt der Brandstiftung.

Weissach im Tal - Innenminister Reinhold Gall befürchtet, dass die geplante Asylbewerberunterkunft in Weissach im Tal angezündet wurde. Die Polizei hat bislang zwar keine Erkenntnisse zur Ursache des am frühen Montagmorgen ausgebrochenen Brandes. „Gleichwohl sollte es ja schon ein großer Zufall sein, wenn eine andere Brandursache als die, die viele vermuten, in Betracht käme“, sagte der SPD-Politiker am Dienstagmorgen bei einem Besuch an dem völlig zerstörten Haus in Weissach im Tal (Rems-Murr-Kreis).

 

Nach Angaben der Polizei gestaltet sich die Ursachenerforschung schwierig; so sei es kaum möglich, Hinweise auf eine mögliche Verwendung von Brandbeschleunigern wie Diesel oder Benzin zu finden, weil im Gebäude Heizöl ausgelaufen sei. Weder technisch noch durch Spürhunde ließen sich die Flüssigkeiten unterscheiden, erläuterte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Aalen am Dienstagabend.

Gall sagte, es komme jetzt darauf an, dass die Gesellschaft klare Zeichen setze, dass Brandanschläge nicht toleriert würden. Gall begrüßte, dass für den Dienstagabend eine Mahnwache an der Brandruine in Weissach geplant war. „Mit der Aktion wollen die Weissacher Farbe bekennen, dass Flüchtlinge im Ort willkommen sind und dass es eine humanitäre Aufgabe ist, Menschen, egal welcher Hautfarbe oder Herkunft zu helfen“, hieß es in dem Aufruf im Sozialen Netzwerk Facebook.

Weissach steht unter Schock

Das leerstehende Gebäude war am frühen Montag in Flammen aufgegangen. Es wurde bei dem Brand so stark beschädigt, dass das Obergeschoss und das Dachgeschoss abgerissen werden mussten, da sie einsturzgefährdet waren. Der Gemeinderat von Weissach hatte vor einigen Wochen beschlossen, das Haus für die Unterbringung von Asylbewerbern zu verwenden. Dazu sollte es eigentlich renoviert werden.

Nach Auskunft von Vize-Bürgermeister Bernd Hecktor steht Weissach nach dem Brand unter „Schock“. „Man dachte eigentlich, man habe diesen Komplex im Griff“, sagte er mit Blick auf einen Brandanschlag auf das gleichen Asylbewerberheimes vor zehn Jahren. Es gebe in der Gemeinde mit ihren 7000 Einwohnern einen Arbeitskreis Integration mit 30 und einem Sympathisanten-Umfeld von 80 Bürgern. In der Gemeinde seien bereits 35 Flüchtlinge dezentral in Wohnungen der Gemeinde oder in Privatwohnungen untergebracht. Mit diesen habe es nie Probleme gegeben. Allerdings habe es nach der Ankündigung von neuen 160 Flüchtlingen bei einer Informationsveranstaltung vor zwei Wochen auch Befürchtungen gegeben, dass Immobilienpreise fallen, die Kriminalität steigt oder Kinder gefährdet seien. „Es hat gebrodelt.“

Gall erinnerte daran, dass Unbekannte bereits im Juli ein Feuer in einer geplanten Asylunterkunft in Remchingen (Enzkreis) legten. Die Polizei hält dort einen fremdenfeindlichen Hintergrund für wahrscheinlich. „Das muss uns schon Sorgen machen. Das ist überhaupt keine Frage.“ Bund, Länder und Kommunen seien bei der Unterbringung von Flüchtlingen gefordert. Aber sie schafften es nicht alleine. „Es kommt darauf an, dass die Zivilgesellschaft, die Kirchen und die Bürgerschaft uns helfen“, appellierte er an die Gesellschaft.

Flüchtlingsheim in Remchingen soll wieder aufgebaut werden

Unterdessen soll die Flüchtlingsunterkunft in Remchingen wieder aufgebaut werden. Das Gebäude sei von der Polizei freigegeben, sagte der Ortsbaumeister der Gemeinde, Udo Schneider. Ob die Ruine abgerissen und ein komplett neues Gebäude hochgezogen werde, sei noch ungewiss. Das noch nicht bezogene Flüchtlingsheim hätte etwa 20 Menschen Platz bieten sollen.

Die Ermittlungen am Brandort in Weissach waren am Dienstagnachmittag laut Polizeiangaben abgeschlossen und werden mit der Untersuchung des Bauschutts und der Elektroinstallation im Labor fortgesetzt. Der Eingang von Hinweisen bei der 17-köpfigen Ermittlungsgruppe der Waiblinger Kriminalpolizei namens „Tal“ sei bislang spärlich: Die Zahl bewege sich im einstelligen Bereich. Man setze derzeit auf mögliche Zeugen, etwa Zeitungsausträger, Bäcker oder andere Arbeitnehmer auf dem Weg zur Frühschicht am frühen Montagmorgen, als der Brand ausbrach. Beobachtungen durch Nachbarn gebe es nicht, da sich in unmittelbarer Umgebung des zerstörten Hauses nur ein Discounter und eine altes Industriegelände befinden.