Für drei Millionen Euro will der Gemeinderat ein neues Heim für Asylbewerber bauen.

Weil der Stadt - Derzeit ist die Stadtverwaltung von Weil der Stadt für die Unterbringung von 169 Flüchtlingen zuständig. Im „Kasten“ in Merklingen leben aktuell 45 Menschen, im Merklinger Blannentalhof 49, in der Villa in der Weil der Städter Hindenburgstraße 31 Flüchtlinge und die von der Stadt angemieteten Wohnungen sind von 44 Menschen belegt.

 

Vor allem mit dem Containerwohnheim auf dem Blannentalhof ist die Stadtverwaltung aber unzufrieden. „Dort hat es zum Beispiel nur eine große Küche, das führt oft zu Konflikten“, erklärt die Erste Beigeordnete Susanne Widmaier. Auch die angemieteten Wohnungen will die Stadt dem angespannten Mietermarkt wieder zurückgeben. Und die Stäbler-Villa in der Hindenburgstraße sieht die Verwaltung nicht als langfristige Lösung für die Flüchtlingsunterbringung an.

14 Wohnungen für jeweils sechs Flüchtlinge

Zusammengefasst heißt all das: Ein neues Wohnheim für Asylbewerber muss her. In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat daher einen Neubau in der Benzstraße im Weiler Industriegebiet beschlossen. Vier Geschosse soll es hoch werden, in 14 Wohnungen sollen jeweils sechs Flüchtlinge Platz finden, insgesamt also 84 Bewohner. Jede Wohnung bekommt ein Bad, einen Aufenthaltsraum mit Küche und zwei Schlafräume.

Der Architekt Ralf Pritsch will das Gebäude komplett mit Beton bauen. „Wir haben untersucht, ob auch Holz möglich ist“, erklärt er im Gemeinderat. „Wegen der Höhe und der Anzahl der Nutzer müssen wir es aber brandsicher bauen – und deshalb haben wir uns für Beton entschieden.“

Mit Baukosten von 3,2 Millionen Euro rechnet Pritsch – und das sei bereits die Minimallösung. „Durch den Beton brauchen wir keinen Außenputz, innen reicht ein Anstrich aus. Ich wüsste nicht, was man noch weglassen könnte.“

Dass die Stadt trotzdem immer noch drei Millionen Euro ausgeben muss, und keine Zuschüsse von Bund und Land bekommt, sorgt denn auch im Gemeinderat für Kritik. Drei Räte stimmen am Ende gegen das Projekt, drei enthalten sich. „Wir brauchen auch kein Wunderwerk, sondern einen Zweckbau“, sagt etwa der Freie Wähler Bernd Laure.

Mehrheit der Gemeinderäte ist für das neue Gebäude

Dennoch, die überwiegende Mehrheit der Gemeinderäte ist für das neue Gebäude. „In dem Haus werden Menschen wohnen, und die haben das Recht, als Menschen gesehen zu werden“, findet Klaus-Peter Fritschi, ebenfalls Freier Wähler. „Nur weil dort Menschen wohnen, die arm sind, heißt das nicht, dass das Gebäude armselig sein muss“, ruft der SPD-Mann Josef Weber seinen Ratskollegen zu.

Gleichzeitig renoviert die Stadt auch die bereits bestehende Flüchtlingsunterkunft in der Benzstraße, die seit einem Brand im April steht leer steht. Den Großteil der Renovierungskosten übernimmt die Brandversicherung, voraussichtlich etwa 100 000 Euro muss die Stadt dazu schießen. „Wir hoffen, dass das Gebäude Anfang 2018 bezugsfertig ist“, teilt Susanne Widmaier unserer Zeitung mit.

Dann werde man den Blannental in Merklingen räumen, und die Container wieder dem Landkreis Böblingen, von dem sie gemietet sind, zurückgeben. Der Neubau wird dann voraussichtlich Ende 2018 stehen. Dass die Flüchtlingszahlen bis dahin zurückgehen könnten, damit rechnet die Stadt nicht. Widmaier verweist auf den zu erwarteten Familiennachzug, der noch höhere Zahlen mit sich bringen könnte. „Wir haben eine intensive Standortsuche hinter uns“, sagt sie. „Alternativen zu der Benzstraße gibt es aber keine.“

Über den Neubau hat der Gemeinderat schon vor zwei Jahren diskutiert und den Weg dafür frei gemacht. Mit Hochdruck arbeitet die Stadtverwaltung aber erst seit dem Brand im April wieder an dem Projekt.

Nachgefragt bei Stadtrat Michael Hofbauer (CDU)

Gemeinderat Michael Hofbauer (CDU) fordert mehr Unterstützung
von Bund und Land.

Michael Hofbauer Foto: privat
Herr Hofbauer, warum haben Sie sich bei der Abstimmung über das neue Flüchtlingsheim enthalten?
Weil die Finanzierung allein bei der Stadt hängen bleibt. Es ist klar, dass die Unterbringung der Flüchtlinge eine Aufgabe für die Allgemeinheit ist. Deshalb kann es nicht sein, dass die Kommunen die Kosten für die Unterbringung zu 100 Prozent stemmen müssen. Es gab noch weitere Enthaltungen und Gegenstimmen. Es ist also bei einigen Kollegen im Rat ein Thema.
Was wäre Ihr Gegenvorschlag?
Es gab in den vergangenen zwei Jahren Aussagen von Bund und Land, dass sie die Kommunen unterstützen wollen – aber bisher ist es bei den Versprechen geblieben.
Was bräuchten Sie? Es gibt schon Zuschüsse.
Wir bräuchten mehr Unterstützung von Bund und Land für die Errichtung der Flüchtlingsunterkunft. Derzeit bekommt die Stadt 100 000 Euro pro Jahr. Bei Baukosten von mehr als drei Millionen Euro sind das gerade mal drei Prozent.
Wie bewerten Sie als Stadtrat die Integrationsarbeit der Stadtverwaltung?
Die Integration der Flüchtlinge ist eine große Aufgabe. Ich denke, die Stadtverwaltung macht da viel – wie sie es eben im Rahmen ihrer Möglichkeiten stemmen kann. Wir haben gerade in Weil der Stadt auch viel Ehrenamt und einen regen Arbeitskreis Asyl. Aber das alles muss natürlich auch gesteuert und koordiniert werden, braucht also auch hauptamtliche Kräfte. Wir haben schon einen Integrationsbeauftragten, aber wenn da mehr Mittel da wären, könnte man noch mehr machen.
Wie diskutieren Sie das innerhalb der CDU?
Es gibt immer wieder Gespräche, ob es Kreisparteitage oder Besuche von Abgeordneten vor Ort sind. Clemens Binninger war immer ein guter Ansprechpartner, der sich eingesetzt hat. In anderen Bereichen haben wir in Weil der Stadt ja auch einiges an Zuschüssen bekommen, zuletzt für die Stadtmauer. Wir sind von unseren Abgeordneten nicht alleingelassen.