Doch auch an anderer Stelle heißt es immer seltener „Wir schaffen das“. Die Merkel-Regierung habe bürokratische Hürden geschaffen, vor denen die Helfer oft stehen – so sieht es Maier-Lidle. Vor zwei Jahren ging es darum, die frisch angekommenen Flüchtlinge unterzubringen, ihnen ein Fahrrad zu organisieren oder einen gemeinsamen Ausflug zu unternehmen. Inzwischen muss eine Arbeitsstelle, eine Wohnung oder ein Deutschkurs organisiert werden. Das dauert. Viele Flüchtlinge warten auf ihren Asylantrag oder auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts – und dürfen in der Zeit nicht arbeiten.

 

So erzählt Claudia Volz in Gerlingen von Emmanuel G. aus Togo, der mit viel Erfolg ein Praktikum im Altenheim absolviert habe – wo man händeringend Pflegepersonal suche: „Er will dort arbeiten, hat aber keinen Pass – und bekommt daher keine Arbeitsgenehmigung.“ Auch die seit einer Gesetzesverschärfung geltende Wohnsitzauflage behindere den Umzug in die Nähe einer neuen Arbeitsstelle: „Bis die Genehmigung der Behörde vorliegt, vergehen sechs Wochen. Da ist der Job weg.“

Auch viele Flüchtlinge sind frustriert

Das schafft auf beiden Seiten Frustrationen. Nach zwei Jahren wird vielen klar: Integration ist schwieriger als gedacht, Lebensentwürfe der Flüchtlinge passen nicht zu den Hilfsangeboten, bei den Heimatlosen brechen Traumata der Flucht wieder auf. In Gerlingen gab es auch Fälle von Gewalt: Eine Familienfehde ist eskaliert, die Unruhestifter wurden verlegt. Die übergroße Mehrheit der Heimatlosen sei friedlich, betont Gabi Däubler: „Aber sie nicht arbeiten zu lassen ist ein Fehler.“ So häufen sich die Probleme. „Das ist für die Helfer eine belastende Situation“, berichtet Silvia Maier-Lidle von der Fachstelle.

Viele geben auf. Das gilt für Claudia Volz und Gabi Däubler nicht. Sie erfreuen und motivieren sich an den positiven Erfahrungen. „Wir haben erfolgreich Kontakt zu jungen Gerlingern vermittelt, die Pate für junge Männer aus Gambia werden wollen“, erzählt Gabi Däubler. Nach wenigen Tagen seien die Kumpels der Jugendlichen vorbeigekommen und hätten gesagt: „Ich will auch einen Flüchtling betreuen.“