Annedore Napiwotzky bringt Flüchtlingsfrauen Deutsch bei. Viele haben noch nie eine Schule besucht. Wenn sie Kleinkinder haben, verlassen die Frauen kaum die Flüchtlingsunterkunft. Für ihren Kurs auf der Waldau sucht Annedore Napiwotzky nach ehrenamtlichen Helfern.

Degerloch - In den vergangenen zwei Jahren, in denen sie Flüchtlingen Deutsch beibringt, hat Annedore Napiwotzky häufig ihr Lehrmaterial gewechselt. „Die Flüchtlinge waren am Anfang schlicht überfordert“, sagt sie. Denn viele der Übungen sind so angelegt, dass die Flüchtlinge gleich deutsche Wörter und Sätze aufschreiben müssen. „Viele der Flüchtlinge haben aber nie schreiben gelernt“, sagt Napiwotzky, „auch nicht in ihrer Muttersprache.“ Besonders unter den Frauen sind viele, die nie eine Schule besucht haben.

 

Hinzu kommt, dass die Frauen, wenn sie Kleinkinder haben, nicht an einem regulären Sprachkurs teilnehmen können. Sie haben schlichtweg niemanden, der sich in dieser Zeit um die Kinder kümmert. „Mütter mit Babys verlassen selten bis nie die Flüchtlingsunterkunft“, sagt Napiwotzky. Aber so kommen sie nicht mit anderen Menschen in Kontakt und lernen auch die deutsche Sprache nicht. Solche Frauen gibt es auch in der Flüchtlingsunterkunft am Guts-Muths-Weg auf der Waldau. Diesen Frauen möchte Annedore Napiwotzky vom Freundeskreis Degerlocher Flüchtlinge helfen – mit einem Sprachkurs direkt in der Flüchtlingsunterkunft und gleichzeitiger Kinderbetreuung.

Deutsch lernen, während die Kinder betreut werden

Damit dieses Konzept umgesetzt werden kann, sucht Napiwotzky Ehrenamtliche, die sie beim Unterrichten und bei der Betreuung der Kleinkinder unterstützen. „Im Moment habe ich in der Flüchtlingsunterkunft einen Raum bekommen“, sagt sie, „Ich hoffe, dass ich noch zwei weitere bekomme. Damit die Kinder in einem anderen Raum spielen können wie dem, in dem ihre Mütter lernen.“ Dadurch könnten sich die Mütter besser auf das Lernen der Sprache konzentrieren, weil sie dann nicht von ihren Kindern abgelenkt würden.

Der Sprachkurs ist immer montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr, „solange die Geschwister im Kindergarten oder in der Schule sind“, sagt Napiwotzky. Sie stellt sich vor, dass immer zwei Ehrenamtliche gleichzeitig vor Ort sind: „Einer, der Deutsch beibringt, und einer, der die Kinder betreut.“ Der zeitliche Aufwand für die Ehrenamtlichen werde etwa vier Stunden pro Woche betragen.

Ehrenamtliche bekommen im Vorfeld ein Coaching

Eine feste Zeitspanne, die der Kurs dauern soll, gibt es nicht. „Der Kurs geht so lange, wie wir da sind“, sagt Napiwotzky. Die Frauen dürfen kommen, wann sie selbst möchten. „Manche kommen ständig, andere nur einmal die Woche“, berichtet Napiwotzky von ihrer Erfahrung. Die Gruppe sei auch recht klein, eine Handvoll Mütter und ihre Babys. „Ich hatte einmal einen Kurs mit zwölf Teilnehmern“, sagt Napiwotzky, „Aber das ist alleine kaum zu schaffen.“

Bevor die Ehrenamtlichen im Sprachkurs anfangen, bekommen sie von Napiwotzky ein Coaching. „Ich möchte den Ehrenamtlichen zeigen, was ich in den vergangenen zwei Jahren über Sprachenlernen von Flüchtlingen gelernt habe“, sagt sie. Zum Beispiel, dass man immer verschiedene Sinne ansprechen sollte. „Man könnte Buchstaben backen oder sticken“, sagt sie. Außerdem habe sie herausgefunden, dass gleich mit Aufschreiben zu beginnen für die Frauen zu schwierig sei. Weil sie eben auch nie gelernt haben, in ihrer Muttersprache zu schreiben. „Zuerst müssen die Frauen die einzelnen Buchstaben erkennen und zuordnen können“, sagt sie.

Die Frauen sind sehr dankbar für den Kurs

Die Ehrenamtlichen bekommen von ihr auch das Material, das sie in den letzten zwei Jahren getestet hat. „Ein klassisches Lehrbuch habe ich nicht“, sagt sie. Aber das sei kein Problem: „So kann ich individuell mit den Frauen arbeiten.“ Das sei eh das Beste, weil jede der Frauen unterschiedlich viel können würde. Eines hätten sie aber alle gemeinsam, sagt Napiwotzky: „Allein dafür, dass wir kommen, sind uns die Frauen sehr dankbar.“