Über Flüchtlinge wird viel geredet, in Kursen werden sie belehrt über die deutsche Sprache oder kulturelle Gepflogenheiten. Gespräche mit Asylbewerbern sind dagegen noch eher die Ausnahme. Das sollen Flüchtlingsdialoge ändern. Doch man sucht händeringend nach Dolmetschern.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Über Flüchtlinge wird seit Monaten viel geredet, in Kursen werden diese auch belehrt, über die deutsche Sprache oder kulturelle Gepflogenheiten hierzulande. Gespräche mit Asylbewerbern sind dagegen noch eher die Ausnahme. Das wollen die „Stuttgarter Flüchtlingsdialoge“ ändern. Das Ziel der geplanten Veranstaltungen: „Wertevermittlung durch offene Gespräche auf Augenhöhe“, sagt Gari Pavkovic, der Leiter der Abteilung Integration. Im April soll es losgehen.

 

Wenn Flüchtlinge in Deutschland ankommen, dann haben sie eine beschwerliche und meist gefährliche Reise hinter sich, und im Gepäck vor allem Hoffnungen und hohe Erwartungen. Nicht selten sind diese überzogen, entstanden durch Fehlinformationen von Schleusern, so zum Beispiel, dass in Deutschland alles ganz schnell geht, dass man zügig eine Arbeit und eine Wohnung erhält. „Da gibt es dann herbe Enttäuschungen“, sagt Pavkovic.

Flüchtlingsdialoge sollen Missverständnissen vorbeugen

In diesen Fragen für Klarheit zu sorgen, ist ein Grund für die geplanten Flüchtlingsdialoge. Aber eben nur einer unter anderen. „Wir wollen ein offenes und ehrliches Gespräch führen“, sagt der Leiter der Integrationsabteilung. Auf diese Weise sei es möglich, eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen, ihnen das Gefühl von Wertschätzung zu vermitteln, sie dadurch in der oft angespannten Situation in den Unterkünften auch psychisch zu entlasten und zu stabilisieren, erklärt Pavkovic den Zweck. So könne man auch Wichtiges von den Asylbewerbern erfahren, was es einfacher mache, mit diesen eine Perspektive zu entwickeln. „Wir wollen damit auch rauskriegen, wie die Flüchtlinge ticken und wie fit sie sind“, sagt der Abteilungsleiter und spricht von einem „Format der Bürgerbeteiligung“.

In einem zweiten Schritt soll es dann auch Gespräche zwischen Flüchtlingen und einheimischen Bürgern geben. Deren Schwerpunkt soll die Frage sein: „Was bedeutet gutes, sicheres Zusammenleben“, erklärt der Abteilungsleiter. Und mit der Zeit sind Gesprächsangebote speziell für Frauen, Männer und junge, unbegleitete Flüchtlinge vorgesehen

Suche nach Dolmetschern gestaltet sich schwierig

Derzeit überlegt man, in welchen der inzwischen 110 Unterkünfte oder in welchen Stadtteilzentren man mit den Dialogen beginnt. Und eines ist nicht ganz einfach: Man braucht geschulte Moderatoren der Gespräche, die auch die Landessprache der Flüchtlinge sprechen. Letzteres ist nicht so ganz einfach. Bei einem ersten Treffen mit Gruppenleitern des laufenden Projekts „Dialog macht Schule“ zur interkulturellen Bildung haben sich zwölf bereits geschulte Personen bereit erklärt, auch bei den Flüchtlingsdialogen mitzumachen. Nur: Es handelt sich dabei zwar um Personen mit Migrationshintergrund unterschiedlicher Herkunft, etwa mit türkischen oder griechischen Wurzeln, bis jetzt ist aber niemand dabei, der Arabisch spricht.

„Wir brauchen noch Dolmetscher“ sagt Pavkovic. Er geht aber davon aus, dass sich einige unter Studenten aus arabischen Ländern, in Migrantenvereinen und auch unter Flüchtlingen selbst finden lassen. Grundsätzlich aber besteht ein beträchtlicher Mangel an qualifizierten Dolmetschern. Darüber klagen seit längerem verschiedene in der Flüchtlingsbetreuung tätigen Einrichtungen, beispielsweise die Caritas. Der Leiter der Integrationsabteilung setzt aber darauf, dass sich im Lauf der Veranstaltungen durch eine Art „Schneeballsystem“ weitere Dolmetscher melden.