Der syrische Journalist Mahmoud Ali steigt in die Flüchtlingskolumne „Mein Exil in Stuttgart“ ein. In seinem ersten Beitrag widmet er sich dem Vorschlag, auch in Deutschland muslimische Feiertage einzuführen.

Stuttgart - Für seine Äußerung, über die Einführung muslimischer Feiertage nachzudenken, hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) Unterstützung vom Zentralkomitee der Katholiken erhalten. Aber er hat auch viel Kritik geerntet: nicht nur aus seiner eigenen Partei. Ob er heute diesen Satz noch einmal so sagen würde, ist fraglich. Ob die Debatte darüber wirklich in Gang kommt, ebenso. Dabei wäre es wichtig, über dieses Thema nachzudenken, noch besser, darüber zu sprechen.

 

Die Einführung eines muslimischen Feiertags wäre ein Schritt in Richtung Integration. Integration im Sinn von Aufeinanderzugehen, Integration im Sinn von Offenheit und Respekt dem anderen gegenüber. Integration darf nicht nur als einseitige Anpassung und Eingliederung gesehen werden. Integration sollte ein Miteinander, gegenseitiges Interesse und Partizipation sein. Dann stellt sich der Erfolg auch langfristig ein.

Eine weitere Facette für eine offene Gesellschaft

Angst vor dem Islam ist ein Thema in Deutschland. Von einigen Politikern wird diese geschürt, anstatt der Angst durch Aufklärung und Teilhabe zu begegnen. Muslimische Feiertage in Deutschland würden die christlichen weder ersetzen noch schmälern. Es geht auch nicht darum, den einen etwas wegzunehmen, um den anderen etwas zu geben. Muslimische Feiertage wären eine weitere Facette: für eine offene und bunte Gesellschaft.

Es ist nicht mehr lange hin bis Weihnachten. Ich bin Muslim. In Damaskus habe ich viele Weihnachtsabende mit meinen christlichen Freunden verbracht und sehr schöne Erinnerungen daran. In diesem Jahr werde ich Weihnachten mit einer deutschen Familie feiern wie schon im vergangenen Jahr. Ich freue mich auf die ganz besondere Stimmung, den Ofen, den Weihnachtsbaum und das Zusammensein, auf lange Gespräche bis spät in die Nacht, bis wir alle müde und glücklich einschlafen und uns auf das gemütliche gemeinsame Frühstück am nächsten Tag freuen.

Zur Person:

Mahmoud Ali wurde 1988 in Damaskus geboren. Er studierte Journalismus an der Damaskus Universität und arbeitete in seinem Heimatland als Journalist, bis er aus politischen Gründen aus Syrien fliehen musste. Zwei Jahre lang arbeitete er als Journalist in Dubai und Kairo, dann floh er 2014 nach Deutschland. Seit Anfang 2017 lebt der Journalist in Stuttgart. Er arbeitet unter anderem als Dolmetscher für das Kolping-Bildungswerk und betreut unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die Kolumne „Mein Exil in Stuttgart“ hat Mahmoud Ali von Beginn an begleitet: zunächst als Übersetzer, nun – im Wechsel mit Mohamad Alsheikh Ali – auch als Schreiber.