Die Länder sind sich einig: Der Bund soll ihnen mehr zahlen. Für die Flüchtlinge, aber auch im Zuge der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. Aber Wolfgang Schäuble zeigt sich nicht sehr spendabel.

Berlin - Es geht ums Geld, und da hört die Freundschaft auf. Die 16 Ministerpräsidenten treffen sich an diesem Freitag mit der Kanzlerin. Es geht um vieles, aber vor allem darum, wie sich der Bund an den Flüchtlingskosten beteiligen will. Da gelten die üblichen parteipolitisch motivierten Frontstellungen nicht mehr. Es heißt Bund gegen Land. Und die so verschieden regierten Länder sprechen weitgehend mit einer Stimme – und zwar mit einer reichlich vergrätzten.

 

„Der Bund ist noch von der Erkenntnishöhe, die wir als Länder von ihm erwarten, weit entfernt“, sagt Torsten Albig (SPD) im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins rechnet vor: „Ich habe allein in diesem Jahr in meinem Haushalt über 800 Millionen Euro integrationsbedingte Kosten eingeplant, unter anderem für mehr Lehrer, für mehr Polizisten, für mehr Kindergärten und Wohnungen.“ Dies sei aber keine Herausforderung, die Länder und Kommunen „auf Dauer allein bewältigen können“. Hannelore Kraft, seine nordrhein-westfälische Amtskollegin, fasst deshalb eine zentrale Länderforderung markant zusammen: „Der Bund muss vollständig für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern aufkommen. Darin sind sich die Länder einig.“ Anderenfalls fürchte sie, „dass die Unterkunftskosten für mittellose Flüchtlinge die kommunalen Kassen sprengen“.

Flüchtlingskosten von 20 Milliarden Euro pro Jahr?

Die Berechnung der genauen Summe, die die Länder dafür ausgeben, ist schwierig. Sie variiert auch zwischen den Bundesländern erheblich. Schon heute kommt der Bund, nach seinen eigenen Berechnungen, für ein Drittel der Aufwendungen in diesem Bereich auf. Er ist bisher keineswegs bereit, die Kosten voll zu übernehmen. Immerhin will er den Ländern aber entgegen kommen. Es gibt Signale, dass Finanzminister Schäuble zusätzlich 500 Millionen Euro für die Unterkunftskosten zahlen will. Ein weiteres Angebot: Der Bund ist bereit, die scharfe Abrechnung der Asylkosten-Pauschale, die er den Ländern pro Bewerber zahlt, nämlich 670 Euro, vorzuziehen und nicht mehr erst nach Jahresende rückwirkend vorzunehmen. Die Länder kämen so – bei höheren Flüchtlingszahlen als bisher unterstellt – früher ans Geld.

Die Länder rechnen insgesamt für die nächsten Jahre mit gesamten Flüchtlingskosten von 20 Milliarden Euro im Jahr. In der Summe sind unter anderem auch Ausgaben für mehr Polizisten und Lehrer und erhöhte Ausbildungskosten enthalten. Der Bund kalkuliert im Haushalt 2016 mit 8,2 Milliarden Euro für die Flüchtlinge, 4,5 Milliarden davon fließen an die Länder.

Dauerstreit um den Bund-Länder-Finanzausgleich

Die hohen Erwartungen der Länder dürften kaum erfüllt werden, aber dennoch wird damit gerechnet, dass irgend eine Art von Kompromiss erzielbar ist. Das war am Donnerstag für eine andere Großbaustelle keineswegs absehbar. Die Länder haben einen Vorschlag erarbeitet, der den Dauerstreit um den Bund-Länder-Finanzausgleich beenden soll. Der hatte sich zu einem hoch komplizierten Bürokratiemonster entwickelt, Geberländer wie Bayern oder Baden-Württemberg fühlten sich notorisch unfair behandelt. Die Länderseite hat nun ein neues Verfahren vorgeschlagen.

Der Ausgleich der Finanzkraft soll künftig direkt über den Umsatzsteueranteil der Länder geregelt werden, der sich nach der Einwohnerzahl richtet – allerdings modifiziert nach der Finanzkraft des jeweiligen Landes. Das ist wohl praktischer, kostet den Bund aber mehr. 9,7 Milliarden Euro sollen künftig an die Länder fließen. Im Prinzip hatte Bundesfinanzminister Schäuble Zustimmung signalisiert. Im Gegenzug verlangt er aber, dass die Länder auf Ansprüche aus dem Fonds Deutsche Einheit von 1,2 Milliarden Euro verzichten. Um diese Milliarde geht der Streit. Bis spät in die Nacht rangen gestern die Ministerpräsidenten Bayerns, Hessens, Hamburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsens mit der Kanzlerin.